Auf den Freispruch von Christian Wulff, der am vergangenen Freitag rechtskräftig geworden ist, folgt nun das Nachspiel. Der Rechtsanwalt Gernot Fritz hat eine Strafanzeige gegen Beamte der Staatsanwaltschaft Hannover erstattet und sieht einen begründeten Anfangsverdacht wegen Rechtsbeugung und der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Abs. 2 Nr. 1 StGB).
Singulärer Vorgang in der Rechtsgeschichte
Die Strafanzeige gehe auf die intensiven Pressekontakte einiger ermittelnder Staatsanwälte zu Journalisten zurück. Immer wieder seien für belastend gehaltene Ermittlungsergebnisse an die Medien gelangt, was nicht lediglich zufällig passiert sein kann. Zudem sei das Gebot der Verhältnismäßigkeit (Nr. 4 RiStBV) bei den staatsanwaltlichen Ermittlungen grob verletzt worden. Mit Blick auf die konkreten Tatvorwürfe sei die Einrichtung einer 28-köpfigen Ermittlungsgruppe mit vier Staatsanwälten fernab dessen, was als verhältnismäßig zu betrachten wäre.
Der Rechtsanwalt Gernot Fritz ist Mitautor des Bonner Kommentars zum Grundgesetz und war bis 1999 stellvertretender Leiter des Bundespräsidialamts. Nach seiner Ansicht dränge sich der Verdacht auf, dass
„die Strafverfolgungsbehörden sich nicht auf die gebotene Sachaufklärung beschränkt, sondern das Ziel verfolgt haben, die rechtlich gebotene Einstellung des Ermittlungsverfahrens zu vermeiden, indem ständig neue, aber zur Erhärtung des Tatvorwurfs nicht naheliegende Spuren verfolgt wurden.“
Falschmeldung der „Bild“ zwang Wulff zum Rücktritt
Nicht nur die Anklage gegen einen Bundespräsidenten a.D., sondern auch die Art und Weise, wie diese Ermittlungen geführt wurden, sei ein „singulärer Vorgang in der Rechtsgeschichte“. Der Journalist Stefan Niggemeier hatte vor einigen Tagen berichtet, dass der Rücktritt – man könnte auch von Sturz sprechen – auf eine falsche Berichterstattung der „Bild“ zurückzuführen ist. Dies sei von den klassischen Medien bislang allerdings nicht entsprechend thematisiert worden.
Die Pressearbeit der Staatsanwaltschaft Hannover
Die Strafanzeige ist der niedersächsischen Justizministerin Niewisch-Lennartz am 16. Juni zugegangen und fordert sie auf, strafrechtliche als auch disziplinarische Ermittlungen aufzunehmen. Der Fall Wulff ist also keineswegs abgeschlossen, es bleibt weiter spannend. Auch die Strafakte hatte das von der Staatsanwaltschaft Hannover angeheizte Medienspektakel um die Wulff-Hauptverhandlung kritisiert und als erstes Blog auf die überzogene Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hannover hingewiesen, die eigens angefertigte Pressefotos der Ankläger enthielt.
Gerade die Medien, die im Fall Wulff doch so gerne die „Moral“ anführen, haben sich durch
strafbare Handlungen Dritter füttern lassen. Was hat das noch mit Informantenschutz zu tun?
Mit Christian Wulff soll die Strafanzeige übrigens nicht abgestimmt sein, war gestern noch der Presse zu entnehmen.
die Staatsanwaltschaft ist doch die „objektivste Behörde der Welt“.
Da darf schon aus rein formalen Gründen nicht rauskommen, daß die Organe der Rechtspflege versagt haben.
Auch ich habe bei meinen Recherchen für ein Sachbuch die Erfahrung gemacht, dass die Vermutung von einem „schwarzen Loch“ im Zusammenhang mit der Staatsanwaltschaft alles andere als abwegig ist.
Da sich in Hannover ein schwarzes juristisches Loch aufgetan hat, wage ich die Prognose, dass die Anzeige in diesem verschwinden wird.
Ich sehe das leider ähnlich!
In der Astronomie ist ein schwarzes Loch ein Phänomen, in dem sogar das Licht noch der Gravitation zum Opfer fällt, weshalb es schwarz ist. Was immer dem schwarzen Loch zu nahe kommt wird vernichtet.