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Warum der Terrorismus über die Demokratie entscheidet

In der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ findet sich ab Seite 138 ein lesenswerter Essay von Ferdinand von Schirach unter dem Titel „Die Würde ist antastbar“. Darin widmet er sich durchaus tiefgründig und mit philosophischen Bezügen einer Frage, die auch das Bundesverfassungsgericht1 einst beschäftigte: Sind Menschenleben gegeneinander abwägbar?

Ferdinand von Schirach schlägt dabei gekonnt eine Brücke vom Kanzlerduell, über die Tötung Osama bin Ladens und Merkels Freude darüber, das Luftsicherheitsgesetz, die Folterdrohung gegenüber Magnus Gäfgen und schließlich zurück zur NSA-Affäre. Die zentrale Frage lautet:

Darf ein einzelner Mensch als Ankläger, Verteidiger und Richter entscheiden, wer lebt und wer stirbt?

In diesem Zusammenhang greift von Schirach nicht nur die Tötung bin Ladens auf, für welche es völkerrechtlich keine Rechtfertigung gäbe, sondern resümiert die historischen Erwägungen des Falles „Die Königin gegen Dudley und Stephens“2. Was bedeutet eigentlich „Die Würde ist unantastbar“ und wann wird ein Mensch zum „bloßen Objekt“ staatlichen Handelns? Nach der Ansicht von Schirachs hätten Regierungen längst damit begonnen, diese Grundsätze unserer Verfassung in Frage zu stellen. Mit immer komplizierteren Konstuktionen werde versucht, die vollkommen klare Entscheidung für die Gleichwertigkeit der Menschen zu umgehen.

Der Konsens, dass unsere Regierungen niemals bewusst einen Rechtsbruch begehen dürften, die Grundlage unserer Verfassung also, werde heute andauernd verletzt: Kriegsdrohnen töten Zivilisten, Terroristen werden gefoltert und rechtlos gestellt, unsere E-Mails sowie SMS werden von den Geheimdiensten gelesen, weil wir unter Generalverdacht stehen. Wenn Politiker nicht mehr alles täten, um die Verfassung zu schützen, wenn sie den fremden Rechtsbruch mittrügen und dieser manchmal sogar Freude in ihnen auslöse, stelle das uns selbst in Frage.

  1. BVerfGE 115, 118 []
  2. auch bekannt als: „The Lifeboat Case“ – R v Dudley and Stephens []

1 Kommentar zu “Warum der Terrorismus über die Demokratie entscheidet

  1. Ein echt komplexes Thema. Allerdings glaube ich dass man dem Thema (wie so oft im Leben) nicht mit schwarz/weiß Denken gerecht wird. Im Prinzip können diese Werte nur dann funktionieren, wenn sie auch im kleinen, d.h. in unserem Alltag, von uns Anwendung finden.

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