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6.884 Verurteilte noch auf freiem Fuß – allein in Berlin

Allein in Berlin sind noch knapp 7.000 verurteilte Straftäter auf freiem Fuß, obwohl sie eigentlich längst hinter Gittern sitzen müssten. Diese Zahl bezieht sich auf am 1. Dezember 2014 (Stichtag) noch offene Vollstreckungshaftbefehle (§ 457 StPO) gegen rechtskräftig verurteilte Straftäter der für die Strafvollstreckung zuständigen Berliner Staatsanwaltschaft. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies eine Steigerung von knapp zehn Prozent, etwa 3.400 Haftbefehle bestehen bereits seit mehr als einem Jahr.

Termin in der Ladung zum Strafantritt versäumt

Ein Vollstreckungshaftbefehl wird immer dann erlassen, wenn ein rechtskräftig verurteilter Straftäter seiner Ladung zum Strafantritt nicht folgt. Am Stichtag waren das allein in Berlin 1.608 Verurteilte. Während es in früheren Jahren bei denen überwiegend um eher geringfügige Delikte ging, blieben inzwischen auch zunehmend mehr Täter bis zu ihrer Ladung zum Haftantritt zunächst frei, auf die wegen schwererer Delikte Freiheitsstrafen von bis zu vier oder fünf Jahren warten. Die übrigen 5.276 offenen Haftbefehle betreffen dann allerdings doch nur Verurteilte, die eine Geldstrafe nicht bezahlt und die Ersatzfreiheitsstrafe nicht angetreten haben.

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Wer den Strafantritt „verpennt“ muss mit einem Vollstreckungshaftbefehl rechnen // Foto: Rike / pixelio.de

Der Nichtantritt einer Freiheitsstrafe ist zumindest in Berlin mittlerweile fast zur Gewohnheit geworden. Im zweiten Halbjahr 2014 erhielten insgesamt 7.152 Verurteilte ihre Ladung zum Haftantritt – jedoch gerade einmal zehn Prozent folgten dieser Ladung pünktlich. Ausreden dafür gibt es selten, denn wenn man den Weg zur Justizvollzugsanstalt nicht selbst antreten kann, reicht auch eine Meldung bei der nächsten Polizeidienststelle, die dann den Transport besorgen.

Vollzugslockerung und Antrag auf Haftaufschub

Ärgerlich ist das insbesondere für Straftäter, die direkt in den offenen Vollzug geladen wurden, weil sie lediglich eine kurze Freiheitsstrafe zu verbüßen haben und ansonsten einer geregelten Arbeit nachgehen. Mit der verpassten Selbststellung zum Termin auf der Ladung dürfte sich die Vollzugslockerung dann nämlich erledigt haben – statt im offenen Vollzug wird man dann wahrscheinlich geschlossen untergebracht werden.

Sofern wichtige Gründe gegen einen Haftantritt sprechen, besteht zudem die Möglichkeit, die Haft gem. § 456 StPO vorübergehend (für maximal vier Monate) aufzuschieben, sofern durch die sofortige Vollstreckung dem Verurteilten oder seiner Familie erhebliche Nachteile erwachsen würden. Dafür ist allerdings ein entsprechender Antrag notwendig.