Wer über einen Internetanbieter, der in Deutschland keine Zulassung für Glücksspiele hat, Black Jack spielt, macht sich nicht nur strafbar, sondern verliert auch sämtliche Gewinne.
Ein 25-jähriger Malermeister aus München spielte über einen Internetanbieter das Glücksspiel Black Jack. Der Anbieter gehört zu einer Holding mit Sitz in Gibraltar und verfügt in Deutschland über keine Erlaubnis zur Veranstaltung von Glückspielen. In den Nutzungsbedingungen dieses Anbieters, die man vor der Zulassung zum Spiel akzeptieren muss, wird darauf hingewiesen, dass Internet-Glückspiele in einigen Ländern verboten seien und Spieler selbst prüfen müssten, welche Gesetze für ihn gelten.
200.000 Euro beim Black Jack gewonnen – AG München zieht Geld ein
Der Finanzdienstleister des Anbieters überwies dem Spieler in sechs Wochen (13.07.-26.08.2011) insgesamt 201.500 Euro auf sein Privatkonto. Für diese Gewinnsumme wendete er jedoch selbst Zahlungen an das Online-Casino in Höhe von 120.930 Euro auf. Wann und wie oft er an dem Spielbetrieb in Gibraltar teilnahm, konnte schließlich nicht ermittelt werden. Der Malermeister verteidigte sich vor Gericht, er sei davon ausgegangen, dass das Glückspiel im Internet erlaubt sei, da vielfach unter anderem durch Boris Becker, den FC Bayern und auch andere Prominente Reklame hierfür in großem Umfang betrieben worden sei.
Der Malermeister wurde vom Amtsgericht München wegen seiner Beteiligung am unerlaubten Glückspiel gem. § 284 StGB zu einer Geldstrafe von 2.100 Euro verurteilt. Darüber hinaus wurden bei ihm 63.490 Euro sichergestellt, die er beim Glückspiel gewonnen hat – diese werden vom Staat eingezogen, sobald das Urteil rechtskräftig ist.
Strafbarkeit vom Glücksspiel im Internet sei bekannt
Der zuständige Richter führt in seinem Urteil aus, dass es sich bei Black Jack um ein Glückspiel handelt, für das der Veranstalter eine behördliche Erlaubnis benötigt. Der Anbieter besaß nicht die erforderliche behördliche deutsche Genehmigung, demnach ist es illegal. Der Malermeister handelte nach Überzeugung des Gerichts mit bedingtem Vorsatz, da er entsprechende Hinweise in den Nutzungsbedingungen lesen konnte und diese akzeptierte. Er hätte entsprechende Erkundigungen einholen müssen, ob das Glücksspiel für ihn erlaubt ist. Es sei gerichtsbekannt, dass sich unter dem Suchbegriff „Glückspiel im Internet“ bei Google die ersten vier Beiträge mit der Strafbarkeit von Glückspielen im Internet beschäftigen, wobei jedenfalls erwähnt wird, dass unter förmlicher Betrachtung die Teilnahme an Internet-Casinos mit Glückspielen strafbar ist.
Das kann man sicherlich so sehen, muss man aber nicht. Ebenso wäre gut zu begründen, dass die absolute Minderheit aller Internetnutzer die Nutzungsbedingungen überhaupt lesen und ob diese überhaupt ausreichend verständlich waren. Es bleibt also spannend, wie die Rechtsmittelinstanz die Sache bewerten wird.
Das Gericht führt weiter aus, dass sich der Spieler nicht darauf berufen kann, dass Prominente für Glücksspiel im Internet werben, denn dabei habe es sich ausschließlich um Sportwetten gehandelt. Auch dem juristischen Laien sei der Unterschied zwischen einer Sportwette und einem Glückspiel wie Black Jack bekannt. Schließlich sei festzustellen, dass von Glückspielen eine erhebliche Gefahr für den einzelnen Spieler ausgeht. Die Landesgesetzgeber haben deshalb in § 4 des Glückspielländerstaatsvertrages ihr Ermessen ausgeübt.
Laut einer Untersuchung der Länder haben die Deutschen im Erhebungsjahr 2013 mehr als 70 Milliarden Euro für Einsätze in Glücksspielen ausgegeben. 48 Milliarden Euro davon im staatlich regulierten Markt. Gerade online wächst der Markt rasant. In Internet-Casinos verspielten Zocker im Jahr 2013 etwa 17 Milliarden Euro – mindestens dreimal so viel wie noch 2011.
AG München, Urt. v. 26.09.14 – 1115 Cs 254 Js 176411/13 – nicht rechtskräftig
Pressemitteilung
Man kann auch hinterfragen, ob die Sache mit der Glücksspielsucht eine tragfähige Grundlage für ein derart umfassendes Verbot sein kann. Wenn der Markt für illegale Glückspiele so rasant gewachsen ist, dann müsste die Zahl der Spielsüchtigen ja auch in die Höhe schnellen.
Wie sieht das eigentlich in Las Vegas aus? Da müsste es ja nur noch Süchtige geben.
Könnte es vielleicht einfach sein, dass der Staat um seine 48 Milliarden bangt bzw. sie gerne auf 70 Milliarden aufstocken würde?
„Könnte es vielleicht einfach sein, dass der Staat um seine 48 Milliarden bangt bzw. sie gerne auf 70 Milliarden aufstocken würde?“
Genau so – und nicht anders – ist die Motivation hinter dieser und vielen anderen staatlichen Bereicherungsregeln.
Soso, gerichtsbekannt. Ist dem Gericht auch bekannt, dass jemand, der auf der Suche nach einem Onlinecasino zum Blackjack spielen, wohl kaum diesen Suchbegriff eingeben würde? Der wesentlich plausiblere Suchbegriff „Blackjack online“ liefert bis einschließlich Seite 10 (weiter wars mir dann zu blöd) nicht einen einzigen Hinweis auf die Strafbarkeit dieses Handelns hin. Es wird gar das Gegenteil suggeriert.
Man mag ja die Meinung vertreten, dass die Unzulässigkeit des Onlinespiels bekannt sei, aber so eine realitätsferne und naive Begründung, auch noch von einem Gericht, ist dann doch erstaunlich.
Neuland und so…
Zitat:“Wann und wie oft er an dem Spielbetrieb in Gibraltar teilnahm, konnte schließlich nicht ermittelt werden. “
Konnte das Gericht denn nachweisen, dass der Beschuldigte sich in Deutschland aufhielt, als er in den unendlichen Weiten des Netzes unterwegs auf der Suche nach Glück war?
Oder gelten neuerdings Strafbarkeiten nach Nationalitätsangehörigkeits-Grundsätzen?
Wie diskriminierend…
Genau, weil sich jeder Spieler die gefühlt 15 Seiten Teilnahmebedingungen vorab durchliest. Wir lesen ja auch alle fleissig die AGBs, die man uns vorlegt ;)
Es ist so typisch. Mit einfachsten Mitteln kann die Regierung illegale Seiten im Internet sperren lassen. Nein, unsere lieben Regierenden lassen uns in dieses Fettnäpfchen treten und bestrafen uns dann obendrein.
Einfach die Seite sperren ist nicht, dann hätte man ja nichts zum bestrafen und zudem entgeht ja auch der Glücksspielgewinn, der eingezogen wurde.
Ein besonders dummes Urteil eines offensichtlich überforderten Amtsgerichts.
Und diese Offensichtlichkeit führte auch dazu, dass es vom LG München aufgehoben wurde.
Es mag ja für den ein oder anderen seltsam erscheinen, dass deutsches Strafrecht seit 1945 nicht mehr für große Teile Europas gelten, faktisch ist es aber so.
Bereits im Jahre 2006 hat das Bundesverfassungsgericht den Lotteriestaatsvertrag 2004 und seine Monopolregelungen für verfassungswidrig erklärt, später (2010) hat der Europäische Gerichtshof den „neuen“ Glücksspielstaatsvertrag 2008 für EU-rechtswidrig und unanwendbar erklärt.
Dies führte bei führenden Strafrechtlern [die ja oft in einer Parallelwelt schweben] nun erstaunlicherweise zu einer Erkenntnis. Im Schönke/Schröder/Heine/Hecker, § 284 StGB, Rn. 30 wird ausgeführt, dass schon „nach dem Wortlaut des § 284 I nicht unbedingt das Vorliegen einer inländischen Genehmigung erforderlich“ ist. Vielmehr kann eine Strafbarkeit auch dann ausgeschlossen sein, wenn der Anbieter eine Genehmigung aus einem anderen Land besitzt, in dem die Genehmigungsanforderungen vergleichbar hoch sind, wie sie nach deutschen Vorgaben wären.
Nun gut, vielleicht nur eine halbe Erkenntnis.
Schließlich werden die „deutschen Vorgaben“ wieder implizit auf das ehemalige Reichsgebiet angewandt …