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Polizeigewalt und die Macht der Handyvideos

In den USA ist das Thema Polizeigewalt seit Jahren allgegenwärtig. Doch auch in Deutschland ist Polizeigewalt kein unbekanntes Problem: Immer häufiger tauchen Videos dieser polizeilichen Übergriffe gegen Bürger im Internet auf, die auf den ersten Blick unverhältnismäßig erscheinen. Sie zeigen Polizisten, die auf wehrlos am Boden liegende Menschen einschlagen, sie mit Füßen treten oder sogar – wie im Sommer 2013 passiert – erschießen.

Die Macht von Handyvideos

Die Macht dieser Videobilder aus dem Smartphone ist unbestreitbar. Sie sind ein vermeintlich sicheres Beweismittel, dass Polizeibeamte unverhältnismäßig und im Einzelfall nicht gebotene Gewalt anwendeten. Doch die Bilder können auch trügerisch sein – gerade wenn sie aus dem Zusammenhang, dem tatsächlichen Geschehensverlauf herausgerissen sind.

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Hamburger Polizeibeamte bei einer Festnahme (im Mai 2007) // Foto: Zieshan/Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Die Polizei steht dadurch deutlich stärker unter Rechtfertigungsdruck als früher. Und mit jedem Handyvideo, das öffentlich wird, wächst die Sensibilität für Polizeigewalt. Dabei geraten Polizeibeamte unter Generalverdacht – auch die vielen, die ihren schwierigen Job gut machen. Es geht etwas von dem großen Vertrauen verloren, das die Polizei in Deutschland genießt.

Die Mauer des Schweigens bei der Aufklärung von Polizeigewalt

Leider tut sich die Polizei selbst schwer mit der Aufarbeitung von Gewalt in den eigenen Reihen: Sie spricht von Einzelfällen und wehrt sich gegen eine flächendeckende Kennzeichnungspflicht und unabhängige Beschwerdestellen, die schon lange gefordert werden. Dass sich Polizisten im Ernstfall oft gegenseitig decken und eine „Mauer des Schweigens“ aufbauen, ist in der Praxis bekannt und auch kein Einzelfall. Deshalb verlaufen viele Ermittlungen im Sande und werden in 95 Prozent aller Fälle eingestellt, bevor es überhaupt zu einer Hauptverhandlung kommt.

Die Reportage „Polizei, Gewalt und Videos – Wenn Einsätze aus dem Ruder laufen“, die kürzlich in der ARD lief, widmet sich diesem Problem, betrachtet die Einzelfälle und verdeutlicht, wie die Polizei mit ihrem Gewaltmonopol umgeht, was die Herausforderungen sind, aber auch was sich im Umgang mit Fehlern verändern muss.


4 Kommentare zu “Polizeigewalt und die Macht der Handyvideos

  1. Die Mauer des Schweigens ist ja nicht das Problem. Schutzbehauptungen, das gezielte Vernichten von Beweismitteln oder die teilweise wortgleichen aus Phrasen bestehenden Einlassungen und Zeugenaussagen von beteiligten oder nichtbeteiligten Beamten, ließen sich in vielen Fällen verfolgen, wenn ein entsprechender Wille bei Staatsanwälten und Gerichten vorhanden wäre.
    Beide brauchen aber die Polizei als willige Vollstrecker. Darum ist das Aufklärungsinteresse in der Regel nicht sonderlich hoch.

    Grundsätzlich gilt, dass das polizeiliche Handeln besser überwacht und aufgezeichnet werden muss, dann ist es auch mit dem falschen Korpsgeist schnell vorbei.

  2. In Hamburg gab es eine unabhängige Beschwerdestelle. Wurde vom Richter auf Lebenszeit / Ronald Schill abgeschafft.
    Das der Bürger wehrlos der Polizei ausgeliefert ist, ist nur in einer Diktatur möglich.

  3. Der normative Denkfehler…
    Deutsche, Demokratische Republik 2.0
    Unsere liberalen Nachbarn die Schweiz und Österreich haben den Beamtenstand bereits abgeschafft.
    Deutschland muss sich von einem rückständigem, Demokratie feindlichem Land zu einem liberalem Rechtsstaat entwickeln. Dazu gehört, dass auch hier der Beamtenstand endlich abgeschafft wird.

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