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Rechtsanwalt in der Autobahnkanzlei

Manche juristische Karrieren klingen im ersten Moment skurril – aber manche Anwälte finden in der Marktlücke ihre Berufung. So auch diese Geschichte von Autobahnanwalt Peter Möller, die im aktuellen Magazin „freischuss“ des C.F. Müller Verlages erschienen ist.

Wie so häufig stand am Anfang die eigene Betroffenheit: Rechtsanwalt Möller wurde gleich zweimal hintereinander auf der Autobahn A5 geblitzt und sollte dadurch vier Monate Fahrverbot und jede Menge Punkte bekommen. Er verteidigte sich selbst – beide Verfahren wurden eingestellt.

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Geschwindigkeitsüberschreitungen und Abstandsunterschreitungen als Fachgebiet // Foto: M.E. / pixelio.de

Bußgeldrecht ist Kompromissrecht

Vor Gericht merkte er, dass das Bußgeldrecht ein Rechtsgebiet ist, dass Kreativität, Empathie und Psychologie voraussetze – mehr noch als etwa im Zivilrecht. Das Bußgeldrecht sei eben ein Kompromissrecht, so dass eine Mischung aus Empathie, sicherem Auftreten und juristischen Kenntnissen eine gute Ausgangslage verschafft. Abseits des Rechts ist auch Verständnis wichtig, so dass jeder Anwalt, der neu in der Autobahnkanzlei anfängt, erst einmal eine Woche im LKW mitfahren muss, um ein Gespür für den Beruf des Fernfahrers und die Probleme zu entwickeln.

Und Rechtsanwälte hat Peter Möller einige eingestellt, denn mittlerweile arbeiten 15 Anwälte in 6 Autobahnkanzleien für ihn. Der Weg dorthin war kurios: Er fragte sich, warum so gut wie nie LKW-Fahrer zu ihm in die Kanzlei im Weimarer Land kämen. Er fragte herum und stellte schnell fest, dass die Fernfahrer hauptsächlich auf Autohöfen leben und eigentlich so gut wie nie in die Stadt kommen. Als besonders „cool“ wurde ihm der Autohof Berg/Bad Steben in Oberfranken empfohlen und er entschloss sich, dort – auf dem Autohof – eine Anwaltskanzlei zu eröffnen.

Autobahnkanzlei: Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt

Im Oktober 2007 eröffnete er dann in einem Container auf diesem Autohof die erste Autobahnkanzlei Deutschlands. Keine zehn Minuten nach Eröffnung hatte er bereits den ersten Mandanten, der wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen die Lenk- und Ruhezeiten von der Polizei angehalten wurde und 1.600 Euro Strafe zahlen sollte. Das Bußgeldverfahren wurde eingestellt, die Mandate kamen ab dann von allein. Häufig geht es um Geschwindigkeitsüberschreitungen und Abstandsunterschreitungen, um Lenk- und Ruhezeiten und um die Ladungssicherung.

Und ein Ritual hat der Autobahnanwalt auch entwickelt – das Feierabendbier mit LKW-Fahrern.


Verkehrskontrolle: Atemalkoholtest dankend ablehnen

Autofahrer sollten sich gut überlegen, ob sie bei einer Verkehrskontrolle einem Atem-Alkoholtest zustimmen. Den Test kann die Polizei nicht erzwingen – und die Chancen, einfach weiterfahren zu dürfen, stehen gar nicht schlecht.

Jeder hat wohl schon einmal bei einem Restaurantbesuch zwei oder drei Gläser Wein oder Bier getrunken und ist danach trotzdem mit dem Auto nach Hause gefahren. Grundsätzlich ist das kein Problem – es gilt die Grenze von 0,5 Promille. Wenn man allerdings in eine Polizeikontrolle gerät, sind Nerven wie Stahlseile gefragt – und dabei immer recht freundlich bleiben.

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Foto: krü / pixelio.de

Atemalkoholtest ist nicht verpflichtend

Die Polizeibeamten werden den Fahrer zu einem Atemalkoholtest auffordern – spätestens dann, wenn sie eine Alkoholfahne wahrnehmen. Diesem zuzustimmen, ist man gesetzlich jedoch nicht verpflichtet – die Polizei darf den Fahrer nicht dazu zwingen. Es gilt die gesetzliche Unschuldsvermutung und ein Atemalkoholtest soll dazu dienen, den Verdacht einer Trunkenheitsfahrt zu erhärten. Es ist daher zu raten, den Test dankend abzulehnen, denn niemand muss sich selbst belasten oder aktiv an seiner Belastung mitwirken. Keinesfalls darf sich der Verdächtigte jedoch körperlich zur Wehr setzen oder Widerstand leisten (beachte: § 113 StGB)!

Freilich gilt das nur, solange die zulässige Promillegrenze nicht offensichtlich überschritten ist, etwa weil der Fahrer deutliche Anzeichen von alkoholbedingten Ausfallerscheinungen aufweist. Polizeibeamte haben aufgrund ihrer Erfahrung ein feines Gespür für einen „glasigen“ Blick oder ein leichtes Lallen in der Stimme.

Jeder zweite Atemalkoholtest ist falsch

Das Ergebnis des Atemalkoholtests ist unerheblich – es kommt lediglich darauf an, ob ein Fahrzeugführer nach dem Wert der Blutalkoholkonzentration (BAK) noch geeignet ist, ein Fahrzeug zu führen. Der Atemalkoholtest ist ohnehin nur in Ordnungswidrigkeitenverfahren verwertbar – nach einer Studie der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin ist allerdings ungefähr jeder zweite Atemalkoholtest fehlerhaft. Als Beweismittel sind diese daher gefährlich.

Für ein Strafverfahren ist dagegen nur eine Blutalkoholuntersuchung als Beweismittel zulässig, doch auch die darf nur unter bestimmten Voraussetzungen (§ 81a StPO) vorgenommen werden.

Große Chance einfach weiterzufahren zu dürfen

Sind die Polizeibeamten allerdings nicht sicher, ob die zulässige Promillegrenze überschritten ist, bestehen in der Praxis gute Chancen, einfach weiterfahren zu dürfen. Weil Blutalkoholuntersuchungen stets mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sind, sind alle Beamten angehalten, solche Tests nicht „ins Blaue hinein“ zu verlangen. Das Risiko einer negativen Blutuntersuchung kann der Verdächtigte mit gutem Gewissen der Polizei überlassen, denn ist der Atemalkoholtest erst einmal positiv, nimmt die Polizei den Fahrer sowieso zu einer Blutuntersuchung mit. Dann bleibt dem Beschuldigten als letzte Möglichkeit, auf eine richterliche Anordnung der Blutentnahme zu bestehen und dies ins Protokoll aufnehmen zu lassen. Setzen sich die Beamten dann darüber hinweg, wäre die Blutentnahme rechtswidrig und gerichtlich nicht verwertbar.


Selbstleseverfahren, Band 75

* Der Verfall des Rechtsanwaltsberufes
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* Richtig falsches Deutsch zu schreiben ist sehr schwer
* 151.000 Personen sind polizeilich mit „Drogenkonsum“ oder „geisteskrank“ getaggt
* Polizei Hamburg bald ohne Red Bull?
* Die Top 10 No-Gos im Lebenslauf für Juristen
* Mutmaßlicher CIA-Agent: Ermittler scheitern an Spionage-Laptop
* Handelsblatt verkauft Rubrik auf Seite drei
* Falsche Belehrung – ein Klassiker
* Wie wird der Tatort heute Abend aus Münster?

Was noch wichtig war? In der vergangenen Woche haben wir Strafakte digital gestartet und freuen uns über das Interesse an unseren ersten Artikeln. Lesen Sie dort gern regelmäßig mit!


Staatsanwälte müssen sich verantworten

In der vergangenen Woche sorgten zwei Verfahren für mediale Aufmerksamkeit, die jeweils von rechtskräftig freigesprochenen Prominenten gegen die Staatsanwälte geführt werden, die einst selbst gegen sie ermittelt und dabei mutmaßlich ihre Amtspflichten verletzt haben.

Verletzten Staatsanwälte das Dienstgeheimnis?

Im Fall von Bundespräsident a.D. Christian Wulff gehen die Ermittlungen auf eine Strafanzeige des Rechts­an­walts Ger­not Fritz zurück, die nun von der Staatsanwaltschaft Göttingen gegen die beteiligten Ermittler geführt wird. Zwar will die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskünfte über den Umfang der Ermittlungen oder den konkreten Personenkreis geben, gegen den ermittelt wird – die Nachforschungen sollen sich jedoch auch auf das niedersächsische Justizministerium selbst erstrecken. Es ist zu vermuten, dass auch einige Staatsanwälte der damals zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover eingehender überprüft werden. Es soll sich um den Vorwurf der Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b StGB) handeln.

Konkret gehe es insbesondere um zwei Vorfälle: zum einen den Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover vom 16. Februar 2012, die Immunität des Bundespräsidenten Wulff aufzuheben. Die Unterlagen sollen bereits mehreren Medien in Kopie vorgelegen haben, bevor der eigentliche Adressat sie erhielt. Die müsste dann ein Amtsträger unbefugt weitergereicht haben.

Darüber hinaus entschied die Staatsanwaltschaft in Hannover im März 2013, Wulff nicht wegen Vorteilsannahme, sondern wegen Bestechlichkeit anklagen zu wollen. Bereits am folgenden Tag habe sich die Information als Schlagzeile wiedergefunden – die Presse sei dementsprechend geradezu systematisch informiert worden, und zwar jeweils zu Lasten des Betroffenen.

Kachelmann klagt gegen Staatsanwaltschaft Mannheim vor Verwaltungsgericht

Auch der Wettermoderator Jörg Kachelmann geht gerichtlich gegen die Staatsanwaltschaft vor, die einst so eifrig aber dennoch erfolglos gegen ihn ermittelte. Er wurde am 31. Mai 2011 vom Landgericht Mannheim von dem Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe soll der Staatsanwaltschaft die unzulässige Nachverurteilung verboten werden, die konkret bei „stern TV“ im Herbst 2012 – also über ein Jahr nach dem rechtskräftigen Freispruch – zitiert worden sei.

Es handle sich um die Äußerung, dass am Griff eines Messers, mit dem Kachelmann seine Ex-Freundin bedroht haben soll, DNA-Spuren gefunden wurden, die von einem Mann stammen und mit der DNA-Typisierung von Kachelmann übereinstimmen würden. Zwar fand sich am Messer neben weiblicher DNA auch eine minimale Spur männlicher DNA – diese sei jedoch gerade nicht Kachelmann zugeordnet worden, sondern könnte auch von jedem anderen Mann stammen. Dies habe ein im Strafverfahren eingeführtes rechtsmedizinisches Gutachten ergeben.

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe will sich zu den Details des laufenden Verfahrens nicht äußern. Die Behörde bestätigte jedoch, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim am 12. Oktober 2012 die umstrittene schriftliche Stellungnahme abgegeben hat.


Neu in der Strafakte: Die digitale Strafakte

Es gibt eine Neuigkeit in der Strafakte: die digitale Strafakte. In dieser eigenständigen Rubrik soll es um die schöne bunte Welt der Technik gehen – so­zu­sa­gen als Techblog im Lawblog. Und das nicht ohne Grund: Die Digitalisierung des Alltags schreitet unaufhörlich voran, dennoch ist diese Entwicklung für viele noch „Neuland“, aus dem es allerdings kein Entkommen mehr gibt.

Der Bundesrat hat im Juli 2013 dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs zugestimmt – seit 2014 beginnt schrittweise Einführung der digitalen Gerichtskommunikation. Ab 2016 sollen alle Rechtsanwälte elektronisch erreichbar sein, ab 2022 soll die elektronische Gerichtskommunikation bundesweit verpflichtend sein. Die elektronische Strafakte ist bislang zwar noch explizit ausgenommen, aber sicher ist: diese wird kommen … irgendwann.

Die digitale Strafakte ist längst Realität

Dennoch gehört die digitale Strafakte für viele Strafverteidiger längst zu ihrem Alltag, meist aber noch verharmlosend als „elektronische Hilfsakte“ oder „digitale Akteneinsicht“ bezeichnet. Der Anfang dieser Entwicklung liegt im Land Brandenburg: In einem Umfangsverfahren im Jahr 2005 mit ca. 11.000 Seiten Sachakten zuzüglich zahlreicher Stehordner, TKÜ-Niederschriften und Beiakten hatten die 16 Verteidiger die Papierberge weitgehend digitalisiert und erschienen dann mit Notebooks in der Hauptverhandlung. In Sekundenschnelle konnten sie auf das Geschehen in der Hauptverhandlung reagieren und Fundstellen in den Akten auffinden.

Mittlerweile gewähren wohl alle Staatsanwaltschaften „digitale“ Akteneinsichten. Dazu wird die gewöhnliche Papierakte samt aller Beiakten und weiterer Vorgänge digitalisiert und als DVD an den Rechtsanwalt versandt. Mit einem gesondert zugesandten Passwort kann dieser dann die verschlüsselten Daten entschlüsseln und verwenden. Selbst inhaftierten Mandanten kann die Akte auf einem E-Book-Reader elektronisch zur Verfügung gestellt werden.

Auch für länger zurückliegende Vorgänge kann nachträglich eine digitale Akteneinsicht erreicht werden. So übersandte die Staatsanwaltschaft Stuttgart eine 22 Stehordner umfassende, bisher nicht digitalisierte Akte eines Todesermittlungsverfahrens aus dem Jahr 1977 auf einer DVD.

Alte Probleme – neue Herausforderungen

Diese digitalen Daten stellen Strafverteidiger vor völlig neue Herausforderungen: Wie gehe ich mit den digitalen Strafakten am besten um? Das Ausdrucken sämtlicher Dokumente dürfte wohl die schlechteste aller Alternativen sein. Wie erreiche ich einen geeigneten „Workflow“? Wie steht es um die Sicherheit der Daten, wenn diese auf (mobilen?) Geräten gespeichert sind? Welche Software kann man benutzen, um eigene Anmerkungen und Markierungen hinzuzufügen?

Auf diese und viele weitere Fragen will ich in der neuen Rubrik „digitale Strafakte“ Antworten geben. Aber damit nicht genug: Nach dem Vorbild einiger amerikanischer Blogs werde ich in der Rubrik Hardware, Software und Cloud-Anwendungen vorstellen und Tipps zur Sicherheit sowie zu interessanten Workflows geben. Hoffentlich – so zumindest das Ziel – werden diese Beiträge dann zum Austausch der mitlesenden Rechtsanwälte sowie Strafverteidiger beitragen, hier und da Verbesserungen ermöglichen und so den Einsteigern als auch fortgeschrittenen Anwendern am Ende auch Zeit und Nerven sparen.

Schöne bunte Welt der Technik

Der Markt für digitale Gerätschaften, Softwarelösungen und Internetdienste (in der sog. „Cloud“) ist nahezu unüberschaubar geworden. Es bedarf danach ein wenig Ordnung: Mit welchen Apps kann ich einfach dies oder jenes erreichen? Wie kann ein synchronisiertes Büro funktionieren? Ist das neue iPad oder iPhone wirklich soviel besser, dass sich die Anschaffung lohnt? Und wie sollte ich mein WordPress Blog vor Angriffen schützen?

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Die neue, digitale Strafakte als „Techblog im Lawblog“ mit einer eigenen Rubrik // Foto: PlaceIt

Ich will hier gar nicht verschweigen, dass ein Schwerpunkt auf Apple-Geräten liegen wird, die ich – mit Unterbrechungen – seit 1993 einsetze. Ebenso bin ich aber in der Welt von Windows sowie Android zuhause, die ich teilweise parallel benutze. Die Thematik wird also keinesfalls auf eine Marke oder ein bestimmtes Betriebssystem festgelegt sein. Regelmäßig sollen Gastbeiträge veröffentlicht werden und auch andere Juristen zu Wort kommen. Interesse? Gern melden.

Da das alles doch recht speziell ist, habe ich mich entschieden, die Rubrik auf einigen Kanälen parallel zur Strafakte – also separat – zu be­han­deln. Wer Strafakte in den sozialen Netzwerken folgt, wird dort regelmäßig mit allen Nachrichten versorgt – bei JuraBlogs gibt es einen eigenen Kanal, ebenso wie einen eigenen Feed.

Zur Übersicht geht es hier: digital.stafakte.de.

Ich hoffe, Sie als regelmäßigen Leser der digitalen Strafakte begrüßen zu können.