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Menschenunwürdige Haftbedingungen in Tegel?

Knapp sechs Monate saß ein Häftling in der in der Teilanstalt I der Berliner JVA Tegel, genauer gesagt vom 14. September 2009 bis zum 2. Februar 2010. Sein Haftraum war 5,3 Quadratmeter groß, die Toilette allerdings räumlich nicht abgetrennt. Diese Haftbedingungen sah der Mann so als eines Menschen unwürdig an und und reichte eine Klage auf Entschädigung gegen das Land Berlin ein. Der Bundesgerichtshof hat kürzlich entschieden, dass ihm kein Anspruch auf Schadensersatz zusteht:

Bei der Zuweisung eines Haftraums an einen einzelnen Gefangenen verletzt die fehlende Abtrennung der Toilette vom übrigen Raum aber nicht den Anspruch des Häftlings auf Achtung seiner Menschenwürde. Lediglich vereinzelt waren auch mit zwei oder mehr Häftlingen belegte Zellen mit separater Toilette oder Einzelzellen Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen (vgl. etwa OLG Celle, StV 2003, 567, 568: Doppelbelegung in einem Raum von 9,82 qm mit separater Nasszelle von 1,42 qm kein Verstoß gegen die Menschenwürde; OLG Karlsruhe, ZfStrVo 2005, 113: Doppelbelegung in einem Raum von 9,13 qm mit abgetrennter Nasszelle von 1,3 qm kein Verstoß gegen die Menschenwürde; BGH, Beschluss vom 11. Oktober 2005 – 5 ARs (Vollz) 54/05, BGHSt 50, 234, 240: Doppelbelegung in einem Raum von 12,59 qm (einschließlich separatem Sanitärbereich) kein Verstoß gegen die Menschenwürde; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2005, 155, 156: Unterbringung von drei Häftlingen in einem Raum von 11,54 qm (einschließlich abgetrennter Toilette) als Verstoß gegen die Menschenwürde; OLG Hamm, StV 2009, 262, 264: Unterbringung von 4 Häftlingen in einem Raum von 17,74 qm bzw. 2 Häftlingen in einem Raum von 9,06 qm – jeweils einschließlich separater Toilette – als Verstoß gegen die Menschenwürde; das OLG Hamm ging insoweit von einem „Grenzwert“ von 5 qm pro Häftling aus; OLG Frankfurt, NStZ-RR 2004, 29: Einzelunterbringung in einem Raum von 6,11 qm kein Verstoß gegen die Menschenwürde).

Aus keiner der genannten Entscheidungen mussten die zuständigen Strafvollzugsbehörden den Schluss ziehen, die konkrete Haftsituation des Klägers verstoße gegen die Menschenwürde.

BGH, Urteil v. 04.07.2013 – III ZR 342/12

Dem Ex-Häftling steht nun noch die Verfassungsbeschwerde und der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) offen. Nach Angaben seines Anwalts wolle man sich mit dem Urteil nicht abfinden, sondern den kompletten Instanzenzug beschreiten.