Eigentlich sollte es ein kurzer Verhandlungstag im sog. „Kiez-Prozess“ vor dem Amtsgericht Hamburg werden, doch dann kam es anders. Staatsanwaltschaft und Verteidiger lehnten einen Schöffen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Er soll an eine Verteidigerin eine private E-Mail geschrieben haben. Danach vom Richter befragt, gab er auch zu, Urheber dieser E-Mail zu sein. Damit dürfte der Prozess mit neuem Schöffen von vorn beginnen.
An die Rechtsanwältin Nadine W., die einen der Beschuldigten verteidigt, schrieb er eine eher unangebrachte E-Mail (auszugsweise):
Hallo Frau W.! Ich hätte mich gerne noch von Ihnen verabschiedet, aber leider wurden wir aufgehalten, (…) ansonsten hätte ich die Gelegenheit genutzt und die böse Staatsanwältin gehauen (waren ja keine Zeugen mehr im Saal ;)).
In dem Prozess um die Schüsse auf der Großen Freiheit in Hamburg. Zwei Beschuldigte sitzen in Untersuchungshaft und zumindest einer von ihnen wird durch die Aussetzung wohl auf freien Fuß kommen. Bisher ging das Verfahren eher schleppend voran, da viele Zeugen nicht bereit waren, auszusagen.
Der Prozess dürfte spannend bleiben, weitere Einzelheiten können in der Boulevardpresse nachgelesen werden.
Generell erweist es sich hin und wieder als hilfreich, zu recherchieren, wer denn als ehrenamtlicher Richter mit über den Ausgang eines Prozesses zu entscheiden hat. Hin und wieder ergibt sich etwa aus ehrenamtlichen Aktivitäten eines Schöffen Bedenken gegen dessen Unvoreingenommenheit dem Angeklagten gegenüber. Dann ist zumindest über eine Ablehnung dieses Schöffen nachzudenken.
Weder den Wirtschaftsteil noch die Gerichtsreportagen sollte man in der Boulevardpresse lesen. – Nicht nur aus ehrenamtlichen Aktivitäten der Schöffen ergeben sich „hin und wider“ Bedenken. Ihre Namen sind grundsätzlich zu googeln.
@Martin Overath: „grundsätzlich zu googeln“ ist keine Selbstverständlichkeit unter Strafverteidigern. Im Gegenteil: Kaum einer, mit dem ich bisher darüber gesprochen habe, hatte das überhaupt schon einmal gemacht.