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Nicht kaltgestellt

Sie wisse nicht, ob sie sich selbst jemals begutachten lassen würde, erklärte die regelmäßig als psychiatrische Sachverständige vor Gericht tätige Hanna Ziegert bei „Beckmann“. Kurz danach versuchte die Staatsanwaltschaft München I, die Gutachterin mit durchsichtiger Argumentation kaltzustellen – und ist damit zurecht auf ganzer Linie gescheitert.

Sowohl vom Landgericht München, ebenso vom Landgericht Augsburg wurden die Anträge der Staatsanwaltschaft München, Dr. Ziegert wegen Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen. Die Entscheidungsgründe der Gerichte erinnern an eine Nachhilfestunde in Staatsbürgerkunde, so Hans Holzhaider in der Süddeutschen Zeitung.

Der Sachverhalt, um den es in der Fernsehsendung ging, sei „nicht nur von einem Obergericht“ als kritikwürdig erachtet worden. Wenn ein Ablehnungsantrag auf Äußerungen gestützt werde, die in Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung in einer Talkshow des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gemacht wurden, dann sollten die angegriffenen Zitate (gemeint ist der Mailand-Sizilien-Vergleich) zumindest vollständig wiedergegeben und nicht lediglich „mit einer möglicherweise ergebnisorientierten Eigeninterpretation eines Zitats begründet werden“. Mit „einiger Phantasie“ lasse sich vermuten, dass die Staatsanwaltschaft allein aus der Benutzung des Worts „Sizilien“ geschlossen habe, die Sachverständige wolle der bayerischen Justiz damit „mafiöse Tendenzen“ unterstellen. Dabei handele es sich jedoch eher um eine „rein subjektive Auslegung“, die zu der Annahme führe, dass der Antrag der Staatsanwaltschaft insgesamt auf ihren subjektiven Eindrücken beruhe.

Die Staatsanwaltschaft München hatte nach der Berichterstattung in der Süddeutschen Zeitung zur Begründung der Ablehnung ergänzend ausgeführt, der Pressebericht lasse „Rückschlüsse“ auf eine Befangenheit der Sachverständigen zu, indem sie „Akteninhalte“ weitergegeben habe, wahrscheinlich um die Öffentlichkeit zu ihrer Unterstützung zu mobilisieren: „Diese Vorstellung geht jedoch deutlich an den Prinzipien der Pressefreiheit, der Unabhängigkeit der freien Presse und der Pressewirklichkeit vorbei. Weiteren Eingehens hierzu bedarf es nicht.“, konterten dazu die Richter der Strafvollstreckungskammer in eindeutigen Worten.

Auch wenn die Sachverständige vom Gericht nicht wegen Befangenheit abgelehnt wurde – neue Gutachtenaufträge hat sie aus der bayrischen Justiz bislang nicht erhalten. In der BR-Sendung „kontrovers“ berichtet ein weiterer Gutachter und ein Rechtsanwalt über gängige Praxis bei der Begutachtung im Auftrag der Gerichte.


4 Kommentare zu “Nicht kaltgestellt

  1. Das Ganze gibt doch deutlich den Skandal wieder, das die Gutachter das zu schreiben haben, was die Richter hören möchten, so viel zu angeblichen neutralen Gutachten. Ich hänge in Bayern auch in einem solchen Skandal.
    Befangene Ärzte von Garbersee ohne gerichtgutachterliche Fähigkeiten.

  2. „In dem Youtube-Film der Tilmann Steinert, vertritt die Dtsch. Gesellschaft für Psychotherapie und Psychiatrie die Auffassung, dass diese weiter ihre Pfründe sichern wollen.
    Im Vergleich zu Italien kommt man ganz ohne diese Armleuchter und deren Gefängnisse aus, aber hier in Deutschland gibt es jede Menge Mafienstrippenzieher wie im Mittelalter oder wie in Indien mit dem Kastenwesen.“

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