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Strafgesetzbuch (mit Nebengesetzen)

von Thomas Fischer

Kommentar, Fischer, StGB, Strafgesetzbuch, BGH, Thomas Fischer, StrafrechtDer Kommentar zum Strafgesetzbuch von Thomas Fischer wird jedem Juristen ein Begriff sein – bereits in den ersten Semestern lernen die Studierenden dieses Werk kennen … und schätzen. Der 1932 von Otto Schwarz begründete und von Eduard Dreher sowie Herbert Tröndle fortgeführte Band der Reihe „Beck’sche Kurz-Kommentare“ gehört zu den Standardwerken in Ausbildung und Praxis. Die alljährliche Neuauflage (jeweils zum Jahresende) sorgt für eine Aktualität und Zuverlässigkeit, die in Kombination mit seiner Handlichkeit begründend für den stetig anhaltenden Erfolgs des Werkes sein dürfte. Wegen seiner Farbe und des Alters wird er auch als “graue Eminenz“ betitelt.

Der „Fischer“ ist bei Strafrechtlern stets in Griffweite

Thomas Fischer, der den Kommentar seit der 50. Auflage im Jahr 2002 fortführt, ist Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof – dem „Rebellensenat“. Der Beiname resultiert aus der Eifrigkeit Fischers, bestehende Arbeitsstrukturen aufzubrechen („Zehn-Augen-Prinzip“) und darüber hinaus ein Überdenken der Rechtsprechungspraxis (Wahlfeststellung) anzustoßen. Ein „das haben wir schon immer so gemacht“ soll es – so ist zu mutmaßen – mit ihm nicht geben. Nicht zuletzt durch den hochkarätigen Autor wird der Kommentar so unersetzlich.

Inhaltlich kann der Handkommentar im Praxistest auf ganzer Linie überzeugen. Durch die gute Strukturierung schafft er in kurzer Zeit einen umfassenden Überblick über Rechtsprechung und Lehrmeinungen, verliert sich allerdings zugleich nicht in (verzichtbaren) Einzelmeinungen. Den Kommentierungen sind jeweils der Normtext und eine Übersicht vorangestellt, so dass sich der Leser schnell zurechtfindet. Schließlich sind am Ende jeweils Erläuterungen zur Verjährung, zu Konkurrenzen und ähnlichen Vorschriften zu finden, die eine „Differenzialdiagnose“ ermöglicht. Ein maßvoll eingesetzer Fettdruck freut das Auge und lässt zudem wichtige Stichworte leichter finden. Ebenso sind die Jahreszahlen der Rechtsprechungsnachweise jeweils fettgedruckt, so dass sich der entsprechende Band sofort erschließt. Besser wäre allerdings gewesen, die Verweise in Fußnoten auszulagern, da so der Lesefluss nicht unterbrochen würde.

Objektiv und ausgewogen im materiellen Strafrecht

Als positiv hervorzuheben ist die Objektivität der Kommentierung sowie dessen Ausgewogenheit. Der Autor legt den Schwerpunkt erkennbar auf die Meinung der Rechtsprechung, vernachlässigt jedoch nicht relevante Lehrmeinungen. In der Arbeit mit dem Kommentar ist nicht festzustellen, dass Thomas Fischer die Leser in die „Mindermeinungsfalle“ tappen lässt, in dem er diese fälschlich als allgemein anerkannt hinstellt; auch das ist leider bei anderen Werken immer wieder anzutreffen. Wenige Ausnahmen bestätigen die Regel.

Selbst sieht Fischer das weitaus differenzierter, wie er den Leser im Vorwort wissen lässt:

Die Behauptung von Vollständigkeit wäre hier ebenso unredlich wie die von Objektivität der Auswahl und der Bewertung.

Mit anderen Worten: Der Kommentar soll einen leidlich systematischen Überblick über den aktuellen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung und wissenschaftlichen Diskussion zum Kernbestand des materiellen Strafrechts geben, ohne einerseits so genannte ‚herrschende Meinungen‘ kritiklos abzubilden oder andererseits persönliche Ansichten des Verfassers unangemessen in den Vordergrund zu stellen.

Auf dem aktuellsten Stand

Die diesjährige 62. Auflage legt den Gesetzesstand vom 1. November 2014 zugrunde. Seit 2013 sind lediglich vier Vorschriften geändert worden (§§ 5, 108d, 108e, 261 StGB; vgl. Tabelle der Änderungen Nrn. 241-242). Allerdings sind elementare Gesetzesinitiativen „auf dem Weg“. Diese betreffen vor allem die Neuregelung der Tötungsdelikte sowie der Sterbehilfe (vor § 211 StGB), des Korruptionsrechts (2. KorruptionsbekämpfungsG; Rn. 1 zu § 331 StGB) und darüber hinaus des Prostitutionsrechts (Rn. 1 zu § 232 StGB). Die Initiativen sind jeweils zum Stand November 2014 dokumentiert. Zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend beratenen, aber voraussichtlichen Änderungen des Sexualstrafrechts (Umsetzung der Istanbul-Konvention und des Übereinkommens ETS 210; vor § 174 StGB; Rn. 39a f. zu § 177 StGB; Rn. 1 zu § 184b StGB) sind im Anhang hinter § 358 StGB dokumentiert worden.

Neu eingearbeitet sind etwa 450 neue Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, des Bundesverfassungsgerichts und der Oberlandesgerichte – darunter zahlreiche Leitsatzentscheidungen, etwa in der Folge der „Deal“-Entscheidung des BVerfG (Rn. 107 ff. zu § 46 StGB), zur Bestimmung des Vermögensschadens bei Untreue, zur Kinderpornographie, zur Vollendung der Hehlerei, zur Rechtsbeugung und anderen aktuellen Rechtsfragen.

Zudem wurden zahlreiche Erläuterungen aktualisiert und überarbeitet. Beispielhaft zu nennen sind die Kommentierung vor § 1 StGB (zur Wahlfeststellung), zu § 27 StGB (zu sozialadäquaten Beihilfehandlungen), vor § 38 StGB (zur lebenslangen Freiheitsstrafe), zu § 253 StGB (zum Vermögensbegriff) sowie zu § 46 StGB (Strafmaß-Absprachen nach der Entscheidung des BVerfG). Gänzlich neu gefasst wurden u.a. die Erläuterungen zur Rechtsbeugung (§ 339 StGB).

Fazit: Der „Fischer“ gilt zurecht als unverzichtbares Standardwerk unter Praktikern in der Strafjustiz. Seine ausgewogene Kommentierung, gute Strukturierung und die einzigartige Aktualität erleichtern die tägliche Arbeit und steht in einem angemessenen Verhältnis zu dessen Preis.

62. Aufl. 2015, 2.727 Seiten, In Leinen – ISBN: 978-3-406-66884-5
C.H. Beck – Reihe: Beck’sche Kurz-Kommentare – € 89,00

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Das Rezensionsexemplar wurde uns vom Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt.


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