In der Bargeldbranche – insbesondere der Gastronomie – floriert die Steuerhinterziehung. Das ist keineswegs neu, sondern lange bekannt. Allerdings werden Techniken und Hilfsmittel immer ausgefeilter. Derzeit verstärkt im Fokus: Manipulierte Kassensysteme (Registrierkassen), die oft schon herstellerseitig so programmiert sind, dass bestimmte Umsätze durch den Anwender einfach wieder gelöscht werden können.
Beliebige Manipulationsmöglichkeiten ab Werk
Die auf dem Markt verfügbare Software ermöglicht eine Vielzahl von Manipulationen: So genügt beispielsweise ein kurzer Dreh am Schlüssel der Kasse, damit die danach verbuchten Umsätze nicht gespeichert werden. Andere Methoden verändern Anzahl und/oder Höhe aller getätigten Umsätze und ermöglichen Stornoumsätze oder die Herabsetzung des Tagesumsatzes bei gleichzeitiger Anpassung der Einzelumsätze (sog. Zapper-Programme). Eine beliebte Funktion ist auch ein „Trainingskellner“, der in der Kasse bereits beim Verkauf als Funktion existiert. Alles, was auf diesen fiktiven Kellner gebucht wird, wird nicht in die Tagesabrechnung einbezogen.
Mitarbeiter und Kunden bemerken den Betrug kaum: Es gibt eine „Rechnung“, die allerdings im Ausdruck beispielsweise als Barbeleg oder ähnliches bezeichnet ist.
Steuerfahndung prüft Kassensysteme mit IT-Forensikern
Steuerfahnder gehen seit dem letzten Jahr massiv gegen den Steuerbetrug mit manipulierten Kassensystemen vor. Die Programme sind allerdings technisch so ausgereift, dass der Betrug bei einer normalen Betriebsprüfung so gut wie nicht zu erkennen ist. Immer öfter kommen deshalb IT-Forensiker zum Einsatz, die die elektronischen Daten der Kasse sichern und auswerten, berichtete das Handelsblatt in der gestrigen Ausgabe.
Auf diese Weise überführte man auch den Inhaber einer Eisdiele in Rheinland-Pfalz, der durch die Software seiner Registrierkasse über mehrere Jahre 1,9 Millionen Euro an Steuern hinterzog. Das Landgericht Koblenz verurteilte ihn zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Ein Einzelfall? Mitnichten. Steuerfahnder berichten, dass bei Betriebsprüfungen in fast 90 % der Fälle rund ein Drittel der Umsätze nicht verbucht worden waren. Experten schätzen die dadurch entgangenen Steuereinnahmen auf fünf bis zehn Milliarden Euro – pro Jahr!
Zum Vergleich: Durch die Hinweise auf Steuer-CDs über Schwarzgeldkonten hat der Staat in den letzten Jahren insgesamt ca. 3,5 Milliarden Euro eingenommen.
Beihilfe zur Steuerhinterziehung?
Eine Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Rheinland-Pfalz (Beschl. v. 07.01.2015 – 5 V 2068/14) könnte Herstellern manipulierter Kassensysteme verstärkt Kopfzerbrechen bereiten: In einem Eilverfahren entschied das Gericht, dass Hersteller, die eine solche Manipulationssoftware für Kassensysteme zur Verfügung stellen, Beihilfe zur Steuerhinterziehung begehen und somit nicht nur selbst strafrechtlich verfolgt, sondern darüber hinaus auch für die hinterzogenen Steuern der Käufer ihrer Registrierkassen in voller Höhe haften (§§ 71, 191 AO).
Die Hersteller und auch Händler hatten die Manipulierbarkeit des Kassensystems im Verkaufsgespräch als zusätzliches Leistungsmerkmal beworben; mit einem Zusatzprogramm auf einem USB-Stick (Asteroids.exe) konnten Umsätze prozentual heruntergerechnet werden. Allerdings standen die Anbieter auch unter großem Konkurrenzdruck: Nach Berichten der Finanzbehörden waren manipulationssicher konzipierte Kassensysteme praktisch unverkäuflich.
Ab 01.01.2017 ist Schluss mit der Betrügerei! Spätestens bis dahin müssen alle Gastronomiebetriebe ihre Kassensysteme umgestellt haben auf Kassen, deren Datenbestand unveränderlich ist und zehn Jahre gespeichert werden muss. Eine Pleitewelle rollt auf Kneipen und Restaurants zu. ;-)
Nun ja, das ist ein in Summe sicherlich wirklich großer Graubereich.
Beispielsweise die ganzen Verkaufsstände in den zehntausenden Schulen für den Pausenverkauf, wo kriegt man da schon einen Beleg, wo wird da schon eine Registrierkasse benutzt. Da liegt eine Geldkasette und fertig. Wie da überhaupt die Buchführung funktioniert und wer kann schon kontrollieren, wieviel Ware wirklich unverkauft am Abend entsorgt wurde, der Zettel vom Pizzadienst, wo auf einem kleinen Schreibblock einfach der Preis der bestellten Speisen und Getränke mit Kulli addiert werden, usw. Ich will niemand was unterstellen, aber zumindest ein Gschmäckle hat das schon gelegentlich.
Solche Bereiche gibt es doch eigentlich ziemlich viele. Häufig da, wo eben kleine Geldbeträge den Besitzer wechseln. Kaum zu kontrollieren. Ich vermute, es wird nicht all zu lange dauern, dass die Rufe nach einer Abschaffung des Bargelds auch bei uns lauter werden, die Debatte läuft in Schweden schon länger ernsthaft. Klar, bargeldloser Zahlungsverkehr lässt sich prima erfassen, besteuern.