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Ex-Frau von Mollath wird das Zeugnis verweigern

Am 07.07.2014 beginnt vor dem Landgericht Regensburg die Hauptverhandlung im Wiederaufnahmeverfahren zugunsten des Gustl Mollath. Bereits heute ließ dessen Ex-Frau Petra M. über ihren Rechtsanwalt mitteilen, dass sie nicht beabsichtige gegen ihren geschiedenen Ehemann auszusagen. Das Recht zur Zeugnisverweigerung räumt ihr unzweifelhaft § 52 Abs. 1 Nr. 2 StPO ein, der da sagt:

Zur Verweigerung des Zeugnisses sind berechtigt (…) der Ehegatte des Beschuldigten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht (…)

Die Strafprozessordnung gesteht nahen Angehörigen ein Zeugnisverweigerungsrecht zu, um der Zwangs­lage des zur Wahrheit verpflichteten Zeugen entgegenzutreten, der befürchten müsse, durch eine be­las­tende Aus­sage dem na­hen An­ge­hö­ri­gen zu schaden. Dass sich der Zeuge auch hinter einem solchen Privileg verstecken kann, steht dem nicht entgegen.

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Landgericht Regensburg – hier findet das Wiederaufnahmeverfahren statt // Foto: Johanning/Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Ex-Frau von Mollath hat ihren Aussagen nichts mehr hinzuzufügen

Seine Ex-Frau sei bereits „mehrfach umfassend vernommen“ worden, so dass demnach keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien, wenn sie nun noch einmal vernommen würde. Zudem wolle sich seine Mandantin „einer solchen Situation“ nicht aussetzen, teilte ihr Anwalt mit. Fünfmal habe sie bislang ausgesagt – in Berlin, zweimal am Landgericht in Nürnberg, einmal am Amtsgericht und einmal bei einer polizeilichen Vernehmung. Damit sei alles gesagt und sie habe dem im Übrigen auch „nichts mehr hinzuzufügen“.

Nicht unproblematisch ist jedoch, wie ihre Aussagen in das Verfahren eingeführt werden sollen, denn § 252 StPO verbietet grundsätzlich die Verlesung früherer Protokolle, sofern die Aussageperson erst später von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht:

Die Aussage eines vor der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, der erst in der Hauptverhandlung von seinem Recht, das Zeugnis zu verweigern, Gebrauch macht, darf nicht verlesen werden.

Kombination aus Zeugnisverweigerung und Verzicht auf das Verwertungsverbot

Sicherlich gibt es einige Ausnahmen von dem Verbot: So dürfen Äußerungen, die ein Zeuge vor oder außerhalb der Vernehmung „aus freien Stücken“ – etwa in einer Strafanzeige – getätigt hat, verlesen werden, sofern mit dieser keine Vernehmung verbunden war. Des Weiteren fallen schriftliche Mitteilungen und Erklärungen des Zeugen in einem Zivil- oder Verwaltungsgerichtsverfahren nicht unter § 252 StPO. Zu denken wäre hier insbesondere an die Ehescheidung.

Allerdings – und das ist der kritische Punkt – darf der Zeuge nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs1 die Verwertung der Aussagen gestatten, ohne selbst erneut aussagen zu müssen. Diese Rechtsprechung ist insbesondere bei Opferzeugen2 problematisch, da dem Angeklagten (hier dem Verurteilten) das Konfrontationsrecht (Art. 6 Abs. 3 d MRK) verwehrt wird. Dem Opferzeugen wird durch die Kombination von Zeugnisverweigerungsrecht und Verzicht auf das Verwertungsverbot des § 252 StPO das Recht eingeräumt, seiner kontradiktorischen Befragung durch die Verteidigung in der Hauptverhandlung aus dem Weg zu gehen und zugleich eine den Angeklagten (oder Verurteilten) belastende mittelbare Verwertung seiner früheren Aussage zu ermöglichen. Dieses Verhalten ist in Wiederaufnahmeverfahren häufiger zu beobachten.3

Im Wiederaufnahmeverfahren wird es um den Vorwurf gehen, ob Mollath seine Frau geschlagen und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt hat. Außerdem soll Mollath 129 Reifen so durchstochen haben, dass die Luft erst beim Fahren hätte entweichen können. In den früheren Vernehmungen hatte Mollaths Ex-Frau auf einem Polizeivideo zwar ihrem Ex-Mann die „Klamotten zuordnen“ können, jedoch die Person auf dem Video nicht erkennen können.

Ich denke, dass es die Strafkammer am Landgericht Regensburg Mollath und seinem Verteidiger nicht leicht machen wird. Zur Erinnerung: Es geht in dem Wiederaufnahmeverfahren nicht um die Rechtmäßigkeit der Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus, sondern allein darum, ob Mollath die Körperverletzung seiner Ehefrau und die Sachbeschädigung durch Zerstechen der Reifen zur Last gelegt werden können. Für das Verfahren sind bisher 17 Verhandlungstage angesetzt und 42 Zeugen geladen.

  1. BGHSt 45, 203 []
  2. Gemeint als Opfer ist hier die Ex-Frau Petra M. []
  3. vgl. Schwenn, Fehlurteile und ihre Ursachen, Nr. 8 []

5 Kommentare zu “Ex-Frau von Mollath wird das Zeugnis verweigern

  1. Es ist schon erstaunlich, daß allein die Aussage von P3M (Petra M.) Bekleidung, die ein unbekannter Täter trug, ihrem Ex-Mann zuzuordnen, dazu führt, daß die Reifenstechereien Gustl Mollath angelastet wurden. Erkannt hat sie ihn nicht, lediglich eine Bekleidung, die auch andere Personen hätten tragen können. Geht wohl nur bei bayerischen Gerichten durch, im Rest der Republik reicht das bei weitem nicht aus!

    Zur Thematik der angeblichen Reifenstechereien hier eine ingenieurwissenschaftliche Analyse. Diese Arbeit hat sich das 2006 verurteilende Gericht selbverständlich nicht gemacht:

    http://www.sgipt.org/forpsy/Mollath/ipgipt/Reifenwahn.htm

    Danach dürften Mollaths Reifenstechereien wohl der Märchenwelt zuzuordnen sein.

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  2. „Es geht in dem Wie­der­auf­nah­me­ver­fah­ren nicht um die Recht­mä­ßig­keit der Un­ter­brin­gung im psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus, son­dern al­lein darum, ob Moll­ath die Kör­per­ver­let­zung sei­ner Ehe­frau und die Sach­be­schä­di­gung durch Zer­ste­chen der Rei­fen zur Last ge­legt wer­den kön­nen.“

    Das stimmt so nicht ganz. Sonst bräuchte das Gericht ja nicht Prof. Nedopil.

    Primär geht es natürlich darum, ob der Tatvorwurf zutrifft oder nicht. Wenn nicht -> Ende. Wenn ja, dann ist die Frage: War er zum Tatzeitpunkt schuldfähig oder nicht. Wenn schuldfähig – > Ende. Dann war er der Täter und hätte eine Strafe verdient gehabt, wegen des Verschlechterungsverbotes darf jedoch eine Strafe für die Tat nicht verhängt werden. Wenn nicht schuldfähig (wegen damaliger geistiger Erkrankung) dann geht es um die Verhängung des Maßregelvollzuges. Das Gericht wird dann vermutlich mit Hilfe des Gutachters zur Entscheidung kommen, dass Mollath zumindest jetzt nicht mehr gefährlich und die (theoretisch mögliche) Einweisung in die forensische Psychiatrie nicht nötig ist.

    Ob die Einweisung zum damaligen Zeitpunkt vielleicht notwendig war, kann das Gericht natürlich offen lassen. Es kann aber auch erklären, dass die damalige Einweisung korrekt und notwendig war oder aber überflüssig (wegen fehlender Gefährlichkeit) oder nur jetzt wegen „Heilung“ nicht mehr notwendig (immer vorausgesetzt, Mollath werden die Taten nachgewiesen und es wird ihm auch ein Zustand geistiger Erkrankung zum Tatzeitpunkt nachgewiesen).

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