Das Gefühl nach dem Studium endlich sein Zeugnis in den Händen halten zu können, kann man wohl kaum beschreiben. Die vielen Jahre der Lernerei sind vorbei, man gehört endlich dazu. Aber was kommt dann? Promotion, Master, Reisen? Blauäugig und wie selbstverständlich beantwortete ich diese Frage immer wieder mit: „Referendariat natürlich!“ Dieses ganze theoretische Wissen müsse ja schließlich auch mal angewendet werden, ich wollte endlich Praxisluft schnuppern. Der grobe Aufbau des Referendariats war mir klar – wieviel organisatorischer Aufwand da auf mich zukommen würde, hingegen nicht. Ein Gastbeitrag von Vanessa Manansala.
In welchem Bundesland mache ich das Referendariat?
Hier stellte sich bereits die erste Hürde. Wohin eigentlich? Für die Auswahl des Dienstortes kommen die unterschiedlichsten Kriterien in Betracht:
- Wieviel Gehalt zahlt das jeweilige Bundesland?
- Wieviele Klausuren muss ich schreiben?
- Wie sind die Stationen organisiert?
- Wann sind die Einstellungstermine?
- Wie hoch ist die Durchfallquote/Anzahl an Prädikatsexamina?
- Habe ich mit meiner Note eine Wartezeit?
- Fühle ich mich in dieser Stadt wohl?
Dabei kann das Referendariat natürlich dafür genutzt werden, mal einen Tapetenwechsel zu erleben. Dafür muss man allerdings nicht zwingend seine Heimatstadt verlassen, den Großteil der Stationen kann man auch außerhalb des eigenen OLG-Bezirks absolvieren – auch im Ausland!
Wie sieht’s aus mit Nebenjobs?
Stichwort Gehalt: Wer denkt, nach abgeschlossenem Studium nun endlich kein armer Student mehr sein zu müssen, hat sich zumindest für die Zeit des Referendariats geirrt. Die Unterhaltsbeihilfe beträgt zwischen 1027 € in Hamburg und 1323 € in Brandenburg brutto. Verständlich, dass sie der ein oder andere auch während des Referendariats nebenher noch ein kleines Taschengeld (oder auch Miete …) dazuverdienen möchte. Doch auch das ist gar nicht so einfach. Die Beschränkungen unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. Bevor man sich für einen Nebenjob, vielleicht sogar ein bestimmtes Bundesland bewirbt, sollte man sich über die Regeln und Beschränkungen einer Nebentätigkeit im Referendariat erkundigen.
Organisation der Stationen
Die Stationen des Referendariats gliedern sich im Wesentlichen wie folgt (mit Abweichungen in einzelnen Bundesländern):
- Zivilstation am Amts- oder Landgericht
- Strafrechtsstation bei Staatsanwaltschaft oder Gericht
- Verwaltungsstation
- Anwaltsstation
- Wahlstation
Bis auf die Strafrechts- und die Zivilstation sind Referendare grundsätzlich frei in der Wahl ihrer Stationen. Wo diese abgeleistet werden, kann also an den eigenen Interessen ausgerichtet werden. Auch kann die Wahl der Stationen eine Möglichkeit sein, bereits im Referendariat wichtige Kontakte zu knüpfen, vielleicht sogar potentielle Arbeitgeber kennenzulernen oder sich auf ein bestimmtes Gebiet zu spezialisieren. Vor allem Großkanzleien haben häufig auch interessante Förderungsprogramme und unterstützen ihre Referendare durch Klausurenkurse oder mit einem Inhouse-Repetitorium auf dem Weg ins exzellente Volljuristen-Dasein.
Wer sich für eine Station im Ausland interessiert, sollte sich möglichst früh um eine Stelle bewerben. Stellen wie z.B. beim Auswärtigen Amt sind nicht nur heiß begehrt, der organisatorische Aufwand, der mit dem Auslandsaufenthalt einhergeht, sollte keinesfalls unterschätzt werden.
Aber auch für die Anwaltsstation bzw. in einer (Groß-)Kanzlei, ist es wichtig, sich rechtzeitig um einen Platz zu bemühen. Gerade wer die Wahlstation oder die längere Anwaltsstation beim Strafverteidiger absolvieren möchte, ist gut beraten, sich zeitig zu kümmern, die Plätze bei guten und namhaften Ausbildern sind begehrt und vor allem auch begrenzt. Es empfiehlt sich daher, sich bereits zu Beginn des Referendariats damit auseinanderzusetzen, was man gerne machen möchte. Das erspart einem nicht nur wertvolle Zeit während des Referendariats, sondern vor allem auch unnötigen Stress.
Klausuren, Klausuren, Klausuren!
Zuletzt sei gesagt, dass man das, was sich während des Studiums jeder Student zu Beginn eines neuen Semesters vorgenommen hat („Dieses Semester fange ich wirklich früher an zu lernen!“) im Referendariat möglichst in die Tat umsetzen sollte. Der Unterscheid zum Studium: Die Stoffmenge ist wirklich enorm! Mit der richtigen Lösung kommt man nicht weit. Wird diese nicht praxistauglich präsentiert (Urteil, Anklageschrift, Schriftsatz), kann man sich von einer guten Note verabschieden. Um darin Routine zu entwickeln heißt es also: Klausuren, Klausuren, Klausuren. Und das so früh und regelmäßig wie möglich.