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Unscheinbare Notiz

Das Hamburger Abendblatt berichtet heute unter dem Einleitungssatz „Die deutsche Justiz vergisst nicht – nichts und niemanden“ über das Schicksal von Abdelghani Mzoudi, den man einst zum Harburger Kreis um die 9/11-Todespiloten Mohammed Atta, Jarrah und Al-Schehhi zählte. Bereits im Juni 2005 hatte das Hanseatische Oberlandesgericht ihn vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord und der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung freigesprochen.

Nun ist er endgültig rehabilitiert und erhält eine Haftentschädigung für 428 Tage U-Haft von 4.708 Euro nach Marokko überwiesen, wo er seit seinem Freispruch lebt. Verantwortlich dafür ist eine unscheinbare Notiz im Amtsblatt der Europäischen Union, die eigentlich wohl jeder überlesen hätte. Unter der nichtssagenden bürokratischen Überschrift „190. Änderung der Verordnung Nr. 881/2002 des Rates über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit dem al-Qaida-Netzwerk in Verbindung stehen“ findet sich folgende kurze Notiz

„Unter Natürliche Personen wird folgender Eintrag gestrichen:
Abdelghani Mzoudi“.

Die Entscheidung der EU, Mzoudi von der Liste der Terrorverdächtigen zu streichen, geht auf einen Beschluss des Sanktionsausschusses des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (UN) zurück.

Der Rest ist Rechtsvollzug: Die Justizbehörde muss das bislang gesperrte Geld freigeben. Mzoudi hat unschuldig in Untersuchungshaft gesessen und ihm steht dementsprechend eine Entschädigung zu. Dass er das Geld erst jetzt bekommt und nicht direkt nach dem Freispruch im Juni 2005 ist den präventiv arbeitenden Sicherheitsbehörden geschuldet, weil er nach deren Ansicht weiterhin verdächtig war. Daher haben sie das Geld kurzerhand eingefroren. Für 428 Tage U-Haft steht ihm nun eine Entschädigungssumme von 4.078 Euro zu (428 x 11 Euro Tagessatz; heute betrüge der Tagessatz 25 Euro).

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