In Hauptverhandlungen vor den Strafsenaten am Bundesgerichtshof über Revisionen von Angeklagten, Staatsanwaltschaften oder Nebenklägern ist es bisher üblich, auch dann zu verhandeln wenn der Angeklagte – der lediglich in Ausnahmefällen persönlich an der Hauptverhandlungen teilnimmt – nicht durch einen Verteidiger seiner Wahl vertreten ist. Das sieht nun – natürlich – der 2. Strafsenat am Bundesgerichtshof anders und ist der Ansicht, diese jahrelange Praxis sei mit der Regelung des Art. 6 Abs. 3c der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar, die jedem Beschuldigten das Recht garantiert, sich selbst zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen oder den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist.
Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung unverzichtbar
Der Vorsitzende des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof, Thomas Fischer, hat deshalb durch eine Verfügung vom 25. September 2014 entschieden, dass in sämtlichen Hauptverhandlungen vor dem Revisionsgericht, wenn der Wahlverteidiger des Angeklagten nicht erscheint oder dies ankündigt, er zum Pflichtverteidiger zu bestellen ist. Für den Verteidiger stellt diese Bestellung, die mit einer geringeren Vergütung verbunden ist, unter Umständen ein Sonderopfer dar, das er hinnehmen müsse. Jedenfalls könne der Angeklagte auf eine Strafverteidigung in der Hauptverhandlung über die Revision nicht verzichten, nur weil etwa Kostengründe dagegen sprechen würden. Für Angeklagte stellt dieses Rechtsmittel das einzige gegen erstinstanzliche Urteile dar und ist mit besonders gravierenden Rechtsfolgen verbunden.
Dass ein Angeklagter selbstverständlich in der Revisionshauptverhandlung eines Verteidigers bedarf, versteht sich eigentlich von selbst. Von daher ist es gut, dass Fischer auch auf diesem Terrain nun die Initiative ergriffen hat.
Pflichtverteidiger für die Revisionshauptverhandlung müssen nach dem Wortlaut des Gesetzes nur auf Antrag bestellt werden (§ 350 Abs. 3 StPO). Wenn ein solcher Antrag nicht gestellt wird und ein Wahlverteidiger zur Hauptverhandlung nicht erscheint, wurde bislang in den meisten Fällen ohne jede Beteiligung des Angeklagten verhandelt.
BGH (2. Strafsenat), Verfügung vom 25. September 2014 – 2 StR 163/14 – Pressemitteilung
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