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Verlesung ärztlicher Atteste in der Hauptverhandlung

Schon der Wortlaut des § 256 Abs. 1 Nr. 2 StPO ist eindeutig:

Verlesen werden können ärztliche Atteste über Körperverletzungen, die nicht zu den schweren gehören.

Die Verlesung ist demnach nur dann zulässig, wenn das Attest ausschließlich zum Nachweis einer Körperverletzung (nach den §§ 223 bis 225, 340 StGB) in einem wegen dieses Vorwurfes geführten Verfahren dient. Hat das Verfahren eine andere Straftat zum Gegenstand, etwa ein Sexualdelikt oder Raub, ist eine Verlesung unzulässig (st. Rspr., vgl. BGHSt 4, 155; zuletzt: BGH NStZ 2008, 474 [Nachweis eines Sexualdelikts]; ebenso: Stuckenberg, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. (2013) § 256 Rn. 47).

Gelegentlich ist diese BGH-Rechtsprechung den Strafkammern und Sitzungsvertretern der Staatsanwaltschaft nicht bekannt, so dass der Strafverteidiger die Verlesung als unzulässig beanstanden und eine Entscheidung des Gericht beantragen sollte (§ 238 Abs. 2 StPO).

Bisher war weitgehend unbestritten, dass die unzulässige Verlesung in der Hauptverhandlung und die darauf beruhende Verwertung im Urteil mit der Revision gerügt werden konnte – und zwar auch dann, wenn der Verteidiger dies nicht beanstandet hatte. Diese Frage hat nun aber der 5. Strafsenat (vgl. StraFo 2009, 152) unter Hinweis auf Mosbacher (JR 2007, 387 in der Anm. zu BGHSt 51, 144) ausdrücklich offengelassen (eingehend: Burhoff, HV Rn. 998). Ein Verteidiger ist demnach gut beraten, eine unzulässige Verlesung durch Beanstandung zu verhindern.