Manchmal sind die verrücktesten Geschichten vor Gericht einfach die besten – so verrückt, dass man sie sich einfach gar nicht ausdenken könnte. So auch hier: Obwohl sich ein Mann nackt vor Frauen und Kindern auf einer Wiese wälzte, wurde er freigesprochen und nicht wegen exhibitionistischer Handlungen (oder schlimmer: sexuellen Handlungen vor einem Kind) verurteilt.
Verrückte Geschichte
Es muss damals im März 2014 unfassbar befremdlich ausgesehen haben: Ein schweißgebadeter Mann wälzte sich dort – unweit eines Spazierweges – mit heruntergelassener Hose „wie ein wild gewordenes Tier“ über eine Wiese. Er jammerte, wälzte sich umher und fasste sich dabei immer wieder an sein „bestes Stück“. Mit tränenerstickter Stimme erzählte die Zeugin vor dem Amtsgericht Recklinghausen noch heute sichtlich aufgewühlt die Geschichte. Sie war nichts ahnend mit ihren kleinen Kindern auf dem Spazierweg unterwegs und alarmierte bei diesem Anblick sofort die Polizei: „Ich als Mama hatte richtig Angst“. Doch selbst zwei Polizeibeamte waren nicht in der Lage, den nackten Wiesenwälzer zu beruhigen, der außerstande war zu sprechen.
Scharfe Chilis waren schuld
Vor der Strafrichterin am Amtsgericht Recklinghausen dann die unglaubliche Geschichte: „Ich hatte unglaubliche Schmerzen, wollte nur, dass das endlich aufhört“. Für den Pizzaback-Abend mit seiner Freundin hatte der Angeklagte die Zutaten besorgt. Auch eine Tüte mit extra scharfen Chilis. Weil die Freundin sich jedoch verspätete, setzte er sich an den Kanal, trank dabei ein bis zwei Bier und naschte schon mal eine Chilischote. Schließlich überkam ihn ein menschliches Bedürfnis – und nach der Pinkelpause überfielen dann schlagartig „fürchterliche Schmerzen“. Alles, was er mit seinen Chili-Händen berührt hatte, brannte wie Feuer. Nichts half dagegen: „Ich habe Taschentücher genommen, gerieben, gerubbelt, sogar Bier drüber geschüttet. Am Ende habe ich aber auch gar nichts mehr gesehen“. Erst vier Stunden später habe das Brennen und Schwitzen so langsam aufgehört.
Selbst sein Rechtsanwalt hatte ihm diese Chili-Geschichte nicht so recht abkaufen wollen, aber gesagt, er solle damit sein Glück versuchen. Die Amtsrichterin glaubte dem 43-jährigen Angeklagten. So einer Schilderung würde sich in öffentlicher Verhandlung wohl kein Mensch freiwillig ausliefern – wenn sie denn nicht tatsächlich stimmt. Freispruch!
Ich kann das, was der Angeklagte vorgetragen hat, aus eigener Erfahrung durchaus nachvollziehen, auch wenn ich mich seinerzeit weniger spektakulär mit dem Problem befasst habe. Es ist schon mehr als 30 Jahre her, als ich meine Schwester in Australien besucht hatte. Die lebte damals in einer sich weitgehend selbst versorgenden Kommune. Unter anderem wurden dort auch rote Pepperonis angebaut. Ich hatte neugierig eine Schote gepflückt und mit den Fingern geöffnet.
Als ich ein paar Minuten später pinkeln musste und zu diesem Zweck naturgemäß mein männlichstes Körperteil anfasste, begann es auf einmal höllisch zu brennen. Ich wusste zunächst überhaupt nicht, was los ist, bis mir irgendwann einfiel, dass es wohl mit den Pfefferschoten zu tun haben musste.
Bier gab es keins, um den Brand zu löschen, und Wasser blieb reichlich wirkungslos. Ich habe in meiner Verzweiflung Mehl darauf gestreut, ohne großen Erfolg. Es dauerte bestimmt eine Viertelstunde, wenn ich mich recht erinnere, bevor der Brand abflaute.
Wer das nicht selbst erlebt hat, kann das vermutlich kaum nachvollziehen.
Ich denke, die Amtsrichterin hatte Recht damit, dass sie den Mann freigesprochen hat. Wer weiß, welche einschlägigen Erfahrungen sie selbst gemacht hat ….
Zum Thema Chili-Schoten darf ich auf folgenden Blogbeitrag verweisen, den ich vor geraumer Zeit geschrieben habe:
http://strafblog.de/2012/08/01/mordanschlag-mit-chili-schoten/
In Milch baden wäre eventuell eine Idee gewesen. ;-)
Ich habe mir nur einmal nach dem Schneiden von Chilis ins Auge gefasst, auch sehr unangenehm.
Ich finde das durchaus glaubwürdig.
Wer schonmal in Lateinamerika war und dachte, mit dem Genuss von äußerst scharfen Chilies wäre das schlimmste schon überwunden, weiss was ich meine. Was einmal in den Körper rein ging, muss auch wieder raus. Und da hilft dann auch keine Milch mehr (…). Das war schon schlimm genug, aber sowas dann auch noch an der besonders empfindlichen Vorderseite? Ich hätte mich da auch nicht mehr unter Kontrolle.
Das erinnert mich an einen Film. Ich glaube er hies „Voll normal“ von und mit Tom Gerhard.
Darin lies eine Dame Tabasco in ein Kondom tropfen …. (heimlich und vor dem „überziehen“.
Obwohl der Betroffene ein Bösewicht war, leideten die männlichen Zuschauer mit ihm.
Kakao soll die Schärfe von Chili mildern.
Ebenso wie meine Vorredner_innen bin ich aus eigener Erfahrung bereit, den Ausführungen zu folgen. Dass Zwiebeln lange riechen, ist bekannt, aber Chilis wirken auch lange, trotz mehrmaligem Händewaschen. Und zwar länger, als man so denkt…
@Tourix: diese Story tut schon weh beim Lesen :)