In den letzten Tagen kursierte im Internet ein eindeutiges Video, das zeigt wie schnell auf einen „harmlosen“ Urlaubsspaß ein wahrhaft böses Erwachen folgen kann. Das Handyvideo, welches offenbar in einem Club auf Mallorca gedreht wurde, zeigt eine junge blonde Frau, die innerhalb von zweieinhalb Minuten hintereinander an insgesamt 23 Männern den Oralverkehr ausführt – nur ein paar Sekunden, dann geht es zum nächsten Typen. Manchen Jungs zieht sie die Shorts herunter, andere warteten bereits mit heruntergelassenen Hosen. Als Preis für die Aktion winkte ein Freigetränk, dazu aber später mehr. Aus verständlichen Gründen kann das Video, welches in sozialen Netzwerken heftig diskutiert wird, hier natürlich nicht verlinkt werden.
Nach Medienberichten soll es sich bei dem Mädchen um eine 18-jährige Britin1 handeln. Man stelle sich nun aber vor, es zeigt sich später, dass das Mädchen eben noch nicht 18 Jahre alt war, sondern erst 17 Jahre und 11 Monate. Niemand der Herren wird zuvor ihren Ausweis kontrolliert haben; man kann nur hoffen, dass der Clubbetreiber seiner entsprechenden (Fürsorge-) Pflicht nachgekommen ist. Jedenfalls würde dann aus diesem „Spaß“ eine 23-fache Vergewaltigung.
Ausnutzung der Unfähigkeit von Jugendlichen zur sexuellen Selbstbestimmung
Zwar handelte die Frau offenbar freiwillig2, dies spielt allerdings wegen § 182 Abs. 2 StGB keine Rolle. Danach wird eine Person über 18 Jahren mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft, die eine Person unter 18 Jahren dadurch missbraucht, dass sie gegen Entgelt sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen lässt.
Der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen in § 182 StGB wird nach der Legaldefinition in § 177 Abs. 2 StGB zu einer Vergewaltigung (besonders schwerer Fall des sexuellen Missbrauchs), wenn
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder an sich von ihm vornehmen läßt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere, wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind.
Und für Vergewaltigung ist eine Mindeststrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen, ohne Bewährung natürlich.
Selbst kleinste Gegenleistungen sind ausreichend
Eine minderjährige Person ist zwar nach dem Gesetz grundsätzlich ab 14 Jahren fähig, in einvernehmliche sexuelle Handlungen einzuwilligen – und zwar auch mit Männern über 18 Jahre. Im Bereich des Jugendalters (14-18 Jahre) ist der Entwicklungsprozess sexueller Reife typischerweise noch nicht abgeschlossen, so dass die Unerfahrenheit zur sexuellen Selbstbestimmung von durchsetzungsstärkeren Personen über 18 Jahren ausgenutzt werden könnte.
Eine sexuelle Handlung wird demnach unter Strafe gestellt, wenn dafür eine Gegenleistung vereinbart ist. Die Formulierung in § 182 Abs. 2 StGB „gegen Entgelt“ ist nicht etwa als Geldleistung zu verstehen, sondern bestimmt sich nach § 11 Abs. 1 Nr. 9 StGB. Danach ist ein Entgelt „jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung“ – gleich welchen Umfangs.3 Auch kleinste Gegenleistungen an den Jugendlichen wie eine Einladung ins Kino oder eben – wie hier – auf ein Freigetränk sollen dafür bereits ausreichen.
Zwar muss die Leistung an den Jugendlichen für die Vornahme der sexuellen Handlung kausal und zumindest mitmotivierend4 sein – nicht geklärt ist jedoch, ob auch die Leistung durch einen Dritten (hier: den Diskothekenbetreiber) genügt. Es reicht jedenfalls, wenn eine Gegenleistung vereinbart ist, zur Zuwendung muss es für eine Vollendung noch nicht gekommen sein.5
Gegenleistung war ein Freigetränk
Auch für die 18-jährige hatte die Geschichte ein böses Erwachen. Nach einem Bericht der „Sun“ hatte der Betreiber der Diskothek auf Mallorca „a holiday“ als Preis ausgelobt, wobei die Frau nach eigener Aussage von einer Urlaubsreise ausging. Dass „holiday“ auch ein (äußerst billiger) Cocktail sein kann und in diesem Fall nur war, erschien ihr nach der Aktion sicherlich unangemessen. Was diese Täuschung – strafrechtlich betrachtet – wiederum für Konsequenzen hätte, soll hier allerdings nicht erörtert werden.
Die mallorquinische Gleichstellungsbehörde hat mittlerweile Strafanzeige erstattet und sprach von „erniedrigenden und diskriminierenden“ Praktiken. Medienberichten zufolge ermittelt nun auch die Staatsanwaltschaft.
- Dieser Artikel geht davon aus, dass deutsches Strafrecht anwendbar wäre. Dem Verfasser ist bewusst, dass Mallorca entgegen § 3 StGB nicht zu Deutschland gehört (Tatortprinzip). [↩]
- Auf ihre vermutlich hohe Alkoholisierung soll hier nicht eingegangen werden. [↩]
- NStZ 2006, 444 [↩]
- NStZ 1995, 540, NStZ 2004, 683, NStZ 2006, 444 [↩]
- NStZ 2004, 683 [↩]
Der Hinweis auf § 177 II StGB ist grob falsch und irreführend. § 177 II StGB gilt nicht für alle Delikte, in denen es irgendwie um „sexuellen Missbrauch“ geht, sondern ist ein Regelbeispiel, der das Vorliegen des Tatbestands der sexuellen Nötigung nach § 177 I StGB voraussetzt, also eine sexuelle Nötigung mittels Gewalt gegen eine Person, Drohung mit solcher unmittelbarer Gewalt oder Ausnutzung einer hilflose Lage. Ein Sexspielchen mit einem Jugendlichen, der einverstanden ist, wird nicht allein durch die beischlafähnliche Handlung zur Vergewaltigung !!!
Ähnliche Regelbeispiele und Qualifikationstatbestände wie § 177 II finden sich zwar auch bei Missbrauch von Widerstandsunfähigen (§179 IV) und von Kindern (§ 176a II Nr. 1), beim sexuellen Missbrauch von Jugendlichen hingegen nicht (da er im Vergleich zu den beiden vorgenannten geschützten Gruppen eben grundsätzlich durchaus in der Lage ist, das Ausmaß der Handlung einzuschätzen und seine Einwilligung zu erteilten oder zu verweigern)!
Sicherlich wird auch im Rahmen des § 182 I StGB strafschärfend zu berücksichtigen sein, wenn es sich um eine beischlafähnlichen Handlung handelt (Im Gegensatz etwa zu bloßem Fummeln Zungenküssen oder aufreizenden Entblößen), es bleibt aber bei einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe. Dass bei dem oben geschilderten Fall für einen der beteiligten nicht vorbestraften Gäste ein nicht mehr bewährungsfähiges Strafmaß von 2 Jahren aufwärts herauskommen könnte, ist eher fernliegend (Es sei denn, die junge Dame wäre tatsächlich bis an den Rand der Bewusstlosigkeit betrunken gewesen, so dass sie das Geschehen gar nicht mehr richtig mitbekam und apathisch über sich ergehen ließ, dann wären wir eventuell bei § 179 IV).
@RA Ulrich,
was wäre denn, wenn dieses junge Mädchen in Folge einer psychischen Krankheit in seiner Fähigkeit, sich gegen sexuelle Ausbeutung und Entwürdigung zu schützen, eingeschränkt ist? Vielleicht auch dadurch unter Alkoholeinfluss besonders schnell die Selbstkontrolle verliert. Möglicherweise in Folge ihrer seelischen Krankheit trotz ihres jugendlichen Alters abhängig von Suchtmitteln un/ oder Psychopharmaka ist?
Bei so genannten „Prostituierten“, also Menschen die für sexuelle Dienstleistungen bezahlt werden, handelt es z.B. sich auch überdurchschnittlich häufig um solche, die als Kinder schon dazu abgerichtet wurden ihren Körper für entsprechende Übergriffe zur Verfügung zu stellen. Manchmal von frühester Kindheit an. Klassiker: Täterinnen und Täter missbrauchen den angeborenen Saugreflex von Babies. Bei diesem Video handelt es sich ja sozusagen um ein „Homevideo“. „Gangbang“, was sich als Pornofilm gut verkauft. An ein bestimmtes, psychosozial grenzwertiges Klientel. Aber wer fährt schon zum „Ballermann?!?“
Mal angenommen, dem wäre so. Ist dann nicht das hier erfüllt
„§ 179 Sexueller Mißbrauch widerstandsunfähiger Personen
(1) Wer eine andere Person, die
1.
wegen einer geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung einschließlich einer Suchtkrankheit oder wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder
2.
körperlich
zum Widerstand unfähig ist, dadurch mißbraucht, daß er unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine widerstandsunfähige Person (Absatz 1) dadurch mißbraucht, daß er sie unter Ausnutzung der Widerstandsunfähigkeit dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen.
(3) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen.
(4) Der Versuch ist strafbar.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren ist zu erkennen, wenn
1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vornimmt oder an sich von ihm vornehmen läßt, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind,
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird oder
3.
der Täter das Opfer durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung oder einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt.
(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 5 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(7) § 177 Abs. 4 Nr. 2 und § 178 gelten entsprechend“
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Die Verrücktheit durch all diese neuen Gesetzte was die Jugendsexualität betrifft lassen sich ja kaum noch überbieten.“sexueller Missbrauch“ von Jugendlichen? Den hats ja bis vor kurzen gar nicht gegeben, muss also eine Erfindung der Erz- Konservativen und Moralapostel sein.
Die Prüderiebewegung, ausgehend von den USA hat Einzug in Europa gehalten und wird noch zu vielen Justizopfern führen, das ist klar.
Wenn sich noch eine Angelika Oetken hier einmischt wirds grotesk, weil Kindesmissbrauch hat mit Jugendsexualität rein gar nichts zu tun.
@Angelika Oetken
Die Jugendlichen machens ja freiwillig, also muss es etwas mit Prüderie zu tun haben. Wenn wir jetzt so weiter machen und alle möglichen Sachen kriminalisieren werden wir schnell dort landen wo die USA schon ist. Eine scheinheilige sexualfeindliche Gesellschaft die jede noch so kleine Abweichung von einer puritanischen Sexualmoral rigoros bestraft. Dort kommen schon 10 Jährige auf die gefürchtete „sex offender registry“ weil sie andere Kinder nackt fotografiert haben . Kein Scherz.
Ihnen persönlich würde ich raten über Ihre Opferrolle nachzudenken (ev.mit Hilfe von einem Therapeuten). Das Sie sich immer wieder im Netz als Opfer präsentieren zeigt das hier noch was im Argen liegt.
Mir hats geholfen mich aus der Opferrolle herauszubewegen, denn ich hab auch solche Erfahrungen wie Sie in der Kindheit gemacht. Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen das Sie sich auch von Schuld und Scham befreien können.
Ich gebe Ihnen vollkommen Recht. Wer als Mann bei so einem menschenverachtenden Mist mitmacht hat sich aus dem Kreis ziviliserter Menschen verabschiedet und ist nicht mehr wert wie ein erbärmlicher Vergewaltiger.
Und alles für ein Freigetränk. Wie tief manche Menschen doch sinken können.
Und seit wann fällt Mallorca unter das deutsche StGB? Hab ich was verpaßt? Beitrittsgebiet?
Daß unter den beteiligten Männern evtl. Deutsche waren, haben Sie nicht dargelegt.
Fn. 1 lesen!
Mea culpa …
Gibt es im dStGB denn keinen Tatbestandsirrtum? Selbstverständlich werden alle Beteiligten von der Volljährigkeit aller anderen ausgehen.
Die Darstellung der Rechtslage ist grundsätzlich richtig, im Ergebenis aber pure Theorie, weil – unterstellt, die 18jährige sei noch nicht 18 gewesen – die betreffenden Männer das Alter der jungen Frau gekannt haben müssten. Einen solchen Nachweis wird man im Leben nicht führen können, es sei denn, es war offensichtlich, dass sie noch keine 18 Jahre alt gewesen ist. Dann fehlt es aber insoweit – irrtumsbedingt – am Vorsatz.
@Herta Berger,
ich weiß nicht, wie Sie Ihre Jugend verlebt haben. Aber ein junges Mädchen betrunken machen, um es dann mittels sexueller Praktiken öffentlich vorzuführen und damit zu entwürdigen, ist in meinen Augen Menschen verachtend. Mit der normalen sexuellen Aktivität von Jugendlichen hat das wenig zu tun. Wer als so junger Mann schon derart tief sinkt und sich an solchen Dingen beteiligt, dem ist nur zu wünschen, dass er in allernächster Zeit noch Fuß im Leben fasst. Bevor er im Suff irgendwas anstellt, womit Menschen noch mehr Schaden zugefügt wird. Und wofür man ziemlich schnell in den Knast wandert.
MfG,
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick
Na, hoffentlich sind die entsprechenden Jungmänner auf dem Film gut zu identifizieren. Damit Mädchen sie bei der Partnerwahl aussondern können. Bevor sie sich irgendwann über den gemeinsamen Nachwuchs hermachen.
Was die junge Frau angeht: es liegt auf der Hand, dass sie sehr früh entsprechend konditioniert wurde. Ich hoffe, sie findet Hilfe, um sich von einem offensichtlich übergriffigen, menschenverachtenden Umfeld zu distanzieren, bevor es dafür zu spät ist.
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden