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Muss dieser Bauer wegen Wendler in den Knast?

„Muss dieser Bauer wegen Wendler in den Knast?“ fragt „Bild“, um sogleich mitzuteilen: „Landwirte aus Thüringen gelten als unbeugsam. Das bringt jetzt wohl einen von ihnen in den Knast.“ Mir war diese Eigenschaft von Thüringer Bauern bisher gänzlich unbekannt …

Was war passiert? Der Landmaschinenverkäufer Stefan S. aus Mackenrode wurde von „dem Wendler“ angezeigt, ihn beleidigt zu haben. In der RTL-Sendung „Christopher Posch Spezial – Die Akte Wendler“, die man als Sternstunde deutscher Juristerei bezeichnen darf, wurde S., der Wendler für einen Auftritt auf dem Mackenrodener Bauernmarkt gebucht hatte, wie folgt zitiert:

„Er ist ein Betrüger, der seinen Veranstaltern das Geld aus der Tasche zieht. So etwas braucht die Schlagerbranche nicht“

Der Landmaschinenverkäufer bestreitet, das je so gesagt zu haben. Der Amtsrichter erließ daraufhin einen Strafbefehl über 600 Euro (30 Tagessätze zu je 20 Euro), der Mackenrodener legte Einspruch ein. Aber deswegen kommt man immer noch nicht in den Knast.

Wie kam es also zu dieser Nachricht? Der Landmaschinenverkäufer hatte (angeblich) nach dem Strafbefehl gesagt: „Von mir gibt’s kein Geld. Da gehe ich lieber in den Knast!“. Gemeint ist also eine Ersatzfreiheitsstrafe, die der S. – sollte er denn überhaupt verurteilt werden – genauso gut auch abarbeiten könnte. Mit anderen Worten: Viel Wind um nichts – wie leider so oft.

Dieser Eintrag war allerdings notwendig, um die wöchentliche Dosis Medienkritik loszuwerden. Vielleicht nimmt es RTL zum Anlass, eine weitere Sondersendung mit Christopher Posch aufzulegen: Bauer sucht Recht (oder so ähnlich).

Nachtrag: Der Landmaschinenverkäufer wurde vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Im Rahmen der Beweisaufnahme verlas die Staatsanwältin einen Auszug aus dem Bundeszentralregister. Daraus geht hervor, dass Michael Norberg, alias Michael Wendler, 1999 verurteilt worden ist – wegen Betruges. „Damit kann der Zeuge als Betrüger bezeichnet werden“, sagte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer. Dies sei keine falsche Tatsachenbehauptung.