Am 16. Mai 1813 ratifizierte der bayerische König das von Paul Johann Anselm von Feuerbach entworfene neue Strafgesetzbuch. Das Land Bayern erhielt damit bereits vor 200 Jahren eine der europaweit modernsten strafrechtlichen Kodifikationen – die dann auch anderen Staaten als Vorbild diente. An dieses Jubiläum erinnert Herbert Grziwotz in der Legal Tribune online:
Feuerbach hatte 1806 nach seiner Versetzung in das Ministerialjustiz- und Polizeidepartement nach München sich bereits für die Abschaffung der Folter eingesetzt. Das Strafgesetzbuch von 1813 schaffte die Folter jedoch erst förmlich ab. Gleichzeitig ging es von dem Grundsatz „nulla poena sine lege“ (keine Strafe ohne Gesetz) aus. Die genau umschriebenen Straftatbestände und detailliert festgelegte Strafrahmen sollten der richterlichen Willkür Einhalt gebieten. Viele Straftatbestände wurden entweder modernisiert oder gänzlich gestrichen. Feuerbach wandte sich zudem gegen allzu moralische Strafen: Das Sittlichkeitsstrafrecht wurde entschärft sowie auf die Verletzung privater Rechtsgüter zurückgeführt. Selbst Blasphemie (Gotteslästerung) wurde aus dem Strafrecht gestrichen – und das 1813 – in Bayern, wer hätte das bitte gedacht?
Mit diesem Strafgesetzbuch gelang Bayern eine fortschrittliche Kodifikation des Straf- sowie Strafprozessrechts. Die Reform trat am 1. Oktober 1813 in Kraft und wurde zum Vorbild einer modernen Strafgesetzgebung, die in der Folge von Ländern wie Württemberg, Braunschweig, Sachsen, Hannover und andere Staaten übernommen wurden. Selbst die Schweizer Kantone ließen sich recht deutlich von dem Feuerbach’schen Strafgesetzbuch beeinflussen. Und die Schweden übersetzten es sogar in ihre Sprache.
Der § 175 StGB, der Homosexualität auch zwischen erwachsenen Männern bestrafte, wurde in Deutschland übrigens erst 1994 endgültig aufgehoben – in Bayern bereits 1813.