Die alljährliche Weihnachtsamnestie – also ein Gnadenerweis aus Anlass des Weihnachtsfestes – beschert dieser Tage etwa 2.000 Gefangenen eine vorzeitige Freilassung aus dem Justizvollzug und ermöglicht ihnen so, das Weihnachtsfest in Freiheit zu verbringen.
Strafvollzug ist Ländersache, deshalb entscheidet jedes Bundesland für sich, ob und wie den Strafgefangenen eine Weihnachstamnestie zugebilligt wird. Die jeweiligen Landesjustizminister regeln in einer Verfügung die Voraussetzungen für die vorzeitige Entlassung von Gefangenen im Gnadenwege aus Anlass des Weihnachtsfestes. Die Staatsanwaltschaften werden dadurch als Strafvollstreckungsbehörde ermächtigt, Inhaftierte vorzeitig zu entlassen, deren eigentliches Haftende in den Zeitraum zwischen Mitte November und den ersten Januartagen fällt. Freilich gilt der Gnadenerweis nur für Gefangene, denen leichte Delikte zur Last fallen, nicht dagegen für Verurteilte wegen schwerer Gewaltdelikte oder wenn weitere Anklagen anhängig sind.
Voraussetzungen der Weihnachtsamnestie
Formaljuristisch handelt es sich dabei um keine generelle Amnestie, sondern es wird bei jedem Gefangenen einzeln geprüft, ob die Voraussetzungen für diesen Gnadenerweis erfüllt sind. Die besonderen Voraussetzungen sind ebenfalls von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, teilweise gilt die Weihnachtsamnestie nicht für Verbüßer einer Ersatzfreiheitsstrafe, in anderen Ländern gibt es eine Mindesthaftdauer, dass man beispielsweise bereits seit Juni inhaftiert sein muss. Weitere Bedingung sind häufig die gute Führung und dass Wohnsitz und Lebensunterhalt in Freiheit geklärt sind. Allen Ländern gemein ist allerdings, dass es keine „Zwangsbeglückung“ gibt, der Gefangene also zustimmen muss, um freigelassen zu werden. Wer befürchtet, aus der Weihnachtsfrustration heraus neue Straftaten zu begehen, kann die Freilassung also ablehnen.
Großzügige Freilassung hat auch praktische Gründe
Für die Weihnachtsamnestie gibt es neben der „christlichen Nächstenliebe“ allerdings auch rein praktische Gründe: Wird ein Häftling im sog. „Weihnachtsloch“ entlassen, also in den Tagen um Weihnachten herum, fällt es aufgrund der nahenden Feiertage häufig schwerer, sich um einen Job, ALG II oder eine Wohnung zu bemühen. Wer sich dagegen rechtzeitig darum kümmern kann und zu Weihnachten bei seiner Familie sein darf, wird sich schneller wieder in das soziale Leben eingliedern können. Auch sind weniger Justizvollzugsbeamte für den Dienst an den Feiertagen erforderlich, wenn die Haftanstalten leerer sind.
Bayern und Sachen zeigen sich ungnädig
Aber nicht überall können Gefangene von einer Weihnachtsamnestie profitieren: Die Freistaaten Bayern und Sachsen gewähren diese grundsätzlich nicht. Ihre Begründung: Die Dauer der Freiheitsstrafe sei von einem unabhängigen Gericht festgesetzt, der Zeitpunkt der Entlassung keine Frage der Jahreszeit und die Ungleichbehandlung gegenüber Häftlingen mit Entlasszeitpunkten im Sommer letztlich willkürlich. Dagegen spricht allerdings, dass Gnade immer eine subjektive Frage ist, die nicht verrechtlicht werden kann. Was spricht also dagegen, Gefangene aus den genannten Gründen einige Wochen früher zu entlassen?
Termine 2014 (soweit bekannt) | Reguläres Haftende* |
Hamburg | 22.11.2014 bis 06.01.2015 |
Schleswig-Holstein | 19.11.2014 bis 06.01.2015 |
Mecklenburg-Vorpommern | 29.11.2014 bis 02.01.2015 |
Bremen | 20.11.2014 bis 08.01.2015 |
Niedersachsen | 03.12.2014 bis 02.01.2015 |
Brandenburg | 07.11.2014 bis 09.01.2015 |
Sachsen-Anhalt | 18.11.2014 bis 01.01.2015 |
Hessen | 15.11.2014 bis 04.01.2015 |
Saarland | 15.11.2014 bis 04.01.2015 |
In Sachsen und Bayern wird es keine offizielle Weihnachtsamnestie geben. Allerdings könnten Gefangene, deren Haftzeit etwa zwischen dem 22.12.2014 und 02.01.2015 endet, vor dem Fest entlassen werden („kleine Weihnachtsamnestie“). *Alle Termine ohne Gewähr.
Ich denke eher, dass die Staatsanwaltschaften als Gnadenbehörden tätig werden; so jedenfalls der eindeutige Wortlaut in Ba-Wü („Die Gnadenbehörden werden ermächtigt und angewiesen …“).
@Thomas Hochstein: Die Terminologie dürfte hier kaum relevant sein, die Bundesländer verwenden in den jeweiligen Landesordnungen unterschiedliche Begriffe.