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Verlobung im Gerichtssaal

Heiratsanträge und Eheversprechen an ungewöhnlichen Orten sollen momentan ja „im Trend“ liegen. Und auch in Hauptverhandlungen wird man immer wieder Zeuge – oftmals nicht ganz ernstzunehmender – Eheversprechen.

Anders offenbar gestern die Richterin der Schwurgerichtskammer am Landgericht Frankfurt: Ein 36-jähriger musste sich dort wegen versuchten Totschlags verantworten (§ 212, 22, 23 StGB). Er hatte während eines Trinkgelages im April dieses Jahres in der Wohnung seiner Lebensgefährtin im Frankfurter Ostend einen Bekannten mit einem Küchenmesser lebensgefährlich verletzt. Der Angeklagte bestritt den Tötungsvorsatz und schob die Tat auf einen „Filmriss“, nachdem er in größeren Mengen Alkohol getrunken habe.

Ja, ich will den Angeklagten heiraten

Die Richter erhofften sich Aufklärung durch die Zeugenaussage der Wohnungsinhaberin, die die einzige unmittelbare Tatzeugin war. Doch die 46-Jährige überraschte mit der Angabe, mit dem Angeklagten verlobt zu sein und deshalb ein Zeugnisverweigerungsrecht zu haben. Richterin Iris Möhrle und der Staatsanwalt nahmen die Frau danach intensiv in die Mangel und befragten sie zu den Hintergründen des Verlöbnisses, zum Zeitpunkt, dem Ort und anderen Einzelheiten. Dadurch verunsichert, antwortete die Zeugin nur noch ausweichend, sagte schließlich aber mit fester Stimme: „Ja, ich will den Angeklagten heiraten.“

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Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch (oder das Gericht) nicht trennen // Foto: Michaela Schöllhorn / pixelio

Im Zweifel spätestens seit eben verlobt

Auch der Angeklagte, der seit der Tat in Untersuchungshaft sitzt, bekräftigte im Gerichtssaal das Eheversprechen. „Dann sind beide spätestens seit heute verlobt“, konstatierte die Richterin kopfschüttelnd. Das Gericht müsse den Fall somit ohne die einzige Tatzeugin aufklären, denn als Verlobte steht ihr ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht zu (§ 52 Abs. 1 Nr. 1 StPO).

Immerhin hat das Opfer dem Täter vergeben: „Ich war schon nach der Tat nicht mehr böse auf ihn. Er war halt betrunken.“ Als weitere Zeugen stehen nun noch einige Nachbarn zur Verfügung, die Schreie aus der Wohnung gehört haben wollen. Ob mit diesen ein Tatnachweis zu führen sein wird, darf allerdings bezweifelt werden.


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