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Wie falsche Erinnerungen entstehen

Erinnerungen sind „unzuverlässig“, manchmal fügen sie anderen Menschen auch Unrecht zu. Jeder kennt das: Wir sind sicher, die Urlaubslektüre in den Koffer gelegt zu haben, doch nach der Rückkehr findet sie sich zuhause im Bücherregel. Zeugen beteuern oft glaubwürdig, dass sie den Täter erkannt haben, doch ein späterer DNA-Test belegt die Unschuld. Fast drei Viertel von 250 Menschen, die (in den USA) durch DNA-Befunde später entlastet wurden, waren zuvor aufgrund glaubwürdiger Zeugenaussagen verurteilt worden.

Der Rechtsmediziner Michael Bohnert weist in seinem Blog auf eine aktuelle Studie von Nobel-Preisträger Susumu Tonegawa (Picower Institute for Learning and Memory in Massachusetts) hin, in welcher es gelungen ist, die Erinnerung von Mäusen neu zu programmieren, ihnen also eine falsche Erinnerung „einzupflanzen“.

Wenn wir ein uns unbekanntes Zimmer betreten, speichert unser Gehirn bestimmte Infos des Raumes ab, damit wir diesen später wiedererkennen können. Spielt sich in dem Zimmer ein besonderes Szenario ab, verknüpft unser Gehirn diese Erinnerungen mit den Erinnerungen an diesen Raum – wir wissen dann: Das hat sich in diesem Raum abgespielt. Die Erinnerungen basieren auf Veränderungen bestimmter Nerven und deren Neuverknüpfung untereinander. Dieses Prinzip ist nicht nur dem Menschen vorbehalten – auch das Erinnerungsvermögen von Mäusen funktioniert auf diese Weise.

Mäuse, die in einem Käfig mit rotem Licht Stromschläge bekommen, sich aber an einen blauen erinnern, bekommen im blauen Angst vor Stromschlägen. // Grafik: Collective Next/RIKEN-MIT

Der genaue Versuchsablauf kann im Deutschen Ärzteblatt oder visualisiert in der Stuttgarter Zeitung nachgelesen werden.

Das Fazit des Rechtsmediziners: Erinnerungen sind keine Aufzeichnung von puren Fakten; sie sind immer vermischt mit Gefühlen, Bewertungen, Bildern oder anderen Sinneseindrücken. Sie haben immer auch eine persönliche Bedeutung. Und sie können trügen! Das alles wissen wir eigentlich längst. Aber die Studie geht noch über die bekannten Fakten hinaus: Sie zeigt, dass es physiologisch möglich ist, falsche Erinnerungen zu implementieren.

Eigentlich ein Thema aus einem Science-Fiction-Film (Inception) – und doch Realität.