Immer wieder kommen Studien und Marktforschungen zu dem Ergebnis, dass sich Kunden mehr direkte Kommunikation mit „ihrem“ Dienstleister wünschen. Besonders oft betroffen von dieser Kritik sind Rechtsanwälte. Ich habe daher lange nach einem System gesucht, mit dem ich einfach, aber dennoch verschlüsselt mit Mandanten sowie auch im Team kommunizieren kann.
Schreckgespenst: Europäische Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO)
Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 25.05.2018 in Kraft tritt, legt Rechtsanwälten auf, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau in der Datenverarbeitung und Kommunikation zu gewährleisten – etwa durch Verschlüsselung. Während der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz als Aufsichtsbehörde meint, Rechtsanwälte müssten jegliche Kommunikation mit dem Mandanten verschlüsseln und diese könnten den Rechtsanwalt nicht einmal wirksam davon entbinden, sehen andere dies mit guten Gründen nicht unbedingt so.
Ob ein Rechtsanwalt derart sensible und intime Informationen seines Mandanten verarbeitet, dass so ein hohes Schutzniveau notwendig ist, muss jeder für sich entscheiden – genauso wie jeder Mandant für sich entscheiden muss, welche Sicherheitsstandards er von seinem Rechtsanwalt erwartet. Eine Unfallschadenregulierung erfordert vielleicht nicht dasselbe Schutzniveau wie die Strafverteidigung im Wirtschafts- oder Sexualstrafrecht.
Schon bei grundsätzlichen Überlegungen kommt man allerdings zu dem Ergebnis, dass es nicht richtig sein kann, derart vertrauliche, persönliche und intime Informationen – mit denen wir als Strafverteidiger in meiner Kanzlei definitiv regelmäßig arbeiten – unverschlüsselt an GMail, GMX oder Hotmail-Postfächer zu versenden, in dem Wissen, dass die Anbieter mehr oder weniger alle E-Mails und Anhänge automatisiert scannen und diese Daten auch nutzen. Die Texterkennung in PDF-Dateien tut ihr übriges, um die Daten auch noch perfekt lesbar anzuliefern.
Verschlüsselte Kommunikation mit Mandanten und im Team
Meine Vorstellungen waren folgende: Ich suche ein System, auf dem alle Daten bei mir in der Kanzlei und nicht irgendwo in der „Cloud“ liegen, welches einfach zu installieren und administrieren ist und dabei dennoch sicher ist. Natürlich muss es auch bezahlbar sein (deshalb keine Auftragsprogrammierung) und auch vom Design her ansprechend und einfach zu bedienen sein.
Die Daten sollen außerdem nicht auf dem Computer oder Mobiltelefon des Mandanten liegen, so dass im Fall einer Hausdurchsuchung nicht die vertrauliche Kommunikation mit dem Verteidiger sichergestellt wird. Somit kam nur eine Anwendung infrage, die im Internetbrowser – und somit auf allen Computer, Tablets und Smartphones – läuft. Die Kommunikation mit dem Mandanten soll allerdings so einfach sein, wie man es von WhatsApp oder E-Mails her kennt, also ohne eine Installation irgendwelcher Verschlüsselungssoftware. Auch soll sich der Funktionsumfang nicht im Schreiben von Nachrichten und dem Upload von Dateien erschöpfen (WebAkte).
Schließlich bin ich auf das ehemals sehr erfolgreiche Hamburger Startup Protonet gestoßen, deren Geschäftskonzept allerdings nicht vollständig aufgegangen ist und die deshalb im Jahr 2017 Insolvenz anmelden mussten. Ich stehe allerdings mit dem Vertrieb und dem Support im engen Kontakt, die mir versichert haben, dass die Entwicklung weiterläuft und man sich neu und zukunftssicher aufgestellt habe. Natürlich kann ich das nicht nachprüfen, so dass das Investment gewissen Unsicherheiten unterliegt (aber was ist heutzutage schon 100% sicher?). Meine Überzeugung ist, dass sich ein gutes (und m.E. konkurrenzloses) Produkt einfach durchsetzen wird.
Meine Erfahrungen mit Protonet und das Feedback unserer Mandanten
Natürlich war ich gespannt auf die Reaktionen der Mandanten, denen ich vorsichtig von meiner Idee erzählte. Für mich überraschend war, dass die Mandanten sofort verstanden haben, warum mir der Schutz ihrer Daten wichtig ist und sie auch sofort bereit waren mitzumachen und das System zu nutzen. Ich nutze das System nun genau einen Monat und muss ehrlich sagen, dass es unsere Arbeitsweise komplett revolutioniert hat. Das ist keine Schleichwerbung, um das System zu promoten (siehe meinen Disclaimer unten), sondern lediglich die persönliche Erfahrung von mir und meinen Mitarbeitern.
Die Kommunikation wird wesentlich vereinfacht und übersichtlicher, da alles nicht über zig E-Mails verstreut gesucht werden muss, sondern in einem Stream abläuft. Es sind zudem weniger Telefonate notwendig, was unser Sekretariat sehr entlastet. Im Team haben wir Aufgabenlisten, die mandatstypische Aufgaben abbilden, einzelnen Mitarbeitern zugeordnet und mit Fristen versehen und dann nach und nach abgearbeitet werden. Das schafft Überblick über die Vielzahl der Mandate. Die Ermittlungsakten werden nach dem Scan auf dem Server abgelegt und können sofort mit dem Mandanten „geteilt“ werden – ebenso wie Rechnungen, Korrespondenz usw. Alle wichtigen Dokumente und Informationen sind rund um die Uhr für den Mandanten abrufbar. Durch die Arbeit im Team, können Nachrichten außerdem wesentlich schneller beantwortet werden als per E-Mail, die in der Regel eben nur an einen Mitarbeiter gerichtet wird und von dort weitergeleitet werden müsste. So sieht das Ganze dann aus:
Natürlich geht immer mehr! Mir fehlen noch einige Funktionen, um rundum glücklich zu sein, z.B. eine bessere App für Smartphones und Tablets. Da ich mit dem Support in engem Austausch stehe, bin ich jedoch guter Dinge, dass vieles davon in nächster Zeit umgesetzt werden wird. Ich sehe auch, dass viele Kunden der „ersten Stunde“ durch die Insolvenz verprellt wurden und dass diese nun gar nicht mehr gut auf das Unternehmen zu sprechen sind. Man hatte den Kunden versprochen, ihr kauft einmal den Server und erhaltet lebenslang den Support und die Weiterentwicklung gratis dazu. Das ging nicht gut, so dass man nun einen Servicevertrag (ab 79,- €/Monat) benötigt, um an den Updates und Weiterentwicklungen zu partizipieren. Mir ist es das Geld wert.
Zu guter Letzt
Ich bin mit dem Unternehmen Protonet Inc. nicht verbunden und habe für diesen Bericht kein Geld oder sonstige Vorteile erhalten. Ich habe für meinen Server den regulären Preis bezahlt und zahle diesen auch für meinen Servicevertrag. Der Beitrag gibt meine eigene und persönliche Meinung wieder und wurde auch nicht mit Protonet abgestimmt oder genehmigt. Ich habe diesen Artikel nur deshalb geschrieben, da ich mehrfach darum gebeten worden bin, unsere neue Kommunikationsplattform genauer zu beschreiben.
Fragen gerne in die Kommentare! Für aktuelle Informationen folgen Sie mir bitte auf Facebook.
Einige kurze Tipps zur Nutzung geben wir hier: https://www.strafrecht.hamburg/inbox-hilfe/
Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag. Gerade im Zuge der DSG-VO werden wir auch unsere Kommunikation umstellen und da sind positive Beispiele immer hilfreich.
Wir sind ein Management Dienstleister (Interim Management, Personal Dienstleistungen & Disruption Management) und nutzen die MAYA (kleiner Protonet Server mit Soul) seit 4-5 Jahren sehr erfolgreich. Dem positiven Eindruck aus diesem Beitrag können wir uns nur anschließen, derzeit sind ca. 200 aktive Nutzer im System organisiert und unsere Kunden bedauern es sehr, dass man das Produkt aufgrund der Insolvenz so nicht mehr erwerben kann ;-)
Protonet produziert weiterhin Protonet Private Cloud Server in allen Variationen. Das Unternehmen steht auf stabilen Beinen seit Ende 2018.
Die Internetseite von Protonet klingt allerdings erst mal nicht so optimistisch.
Ist aber möglicherweise einfach dem Insolvenzverfahren geschuldet.
Protonet geht es besser denn je. Zum ersten mal in Ihrer Geschichte waechst das Unternehmen organisch und gesund.
Vor dem Turnaround 2017 war das Wachstum Fremdkapitalinvestitionen geschuldet. Heute produziert Protonet Server auf Kundenanfrage und reinvestiert durch ein SAS – Model die Softwareentwicklung.
es gibt genug andere cloud Dienste, die sogar Datenschutzkonform nur in Deutschland Daten verarbeiten (z.b. noris network), so dass man nicht auf ein fast versunkenes Schiff aufhüpfen muss, wenn man sichere Dienste sucht.
@Martin: Aber da ist doch genau das Problem: Ich will keine Cloud-Dienste, sondern die Daten auf meinem eigenen Server in meiner Kanzlei. Alles andere würde zu Folgeproblemen wegen der DSGVO führen. Und da gibt es eben keine vernünftigen Angebote, zumindest habe ich keine gefunden.
Und wer sagt eigentlich, dass das Schiff fast versunken ist? Ich habe da einen gänzlich anderen Eindruck!