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Zweiklassenjustiz statt Waffengleichheit?

Die geplante Reform der Prozesskosten- und Beratungshilfe wird – wenn der Bundesrat dem Gesetzesentwurf am 05.07.2013 wie zu erwarten zustimmt – bereits zum 01.01.2014 wirksam. Die Änderungen sind dabei äußerst umstritten; der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof Wolfgang Nešković sieht darin gar einen „Anschlag auf den Sozialstaat“.

Der schwarz-gelbe Regierungsentwurf sieht vor, dass alle Bürger, denen monatlich mehr als 442 Euro zur Verfügung stehen, die Prozesskostenhilfe fortan nicht mehr erhalten, sondern stattdessen allenfalls ein Darlehen beantragen können, welches sie nach einem unterlegenen Rechtsstreit zurückzahlen müssten. Betroffen wären Geringverdiener (z.B. Mini-Jobber) und damit überproportional häufig Frauen, die nun ein erhebliches finanzielles Risiko tragen sollen, immerhin belaufen sich die Kosten bei Rechtsstreitigkeiten oft auf mehrere Tausend Euro. Häufige Fälle, in denen bislang Prozesskostenhilfe gewährt wurde, sind elementare Entscheidungen aus dem Sozial- oder Familienrecht – in erster Linie: Unterhaltsfragen und Scheidungen, aber oft auch Streitigkeiten von Unfallopfern gegen entschädigungsunwillige Versicherungen. Wenn hier Berufsunfähigkeit ins Spiel kommt, gehen die Prozesskosten in astronomische Höhen, die schon für Normalverdienende kaum zu bewältigen sind.

Scharfe Kritik erfährt der Gesetzesentwurf zudem in einer gemeinsamen Stellungnahme des Deutschen Anwaltsverein und der Bundesrechtsanwaltskammer. Zunächst einmal wird vielen Rechtsanwälten nicht nur ihre Lebensgrundlage entzogen, sondern auch die Justiz vor riesige Probleme gestellt. Bevor ein Richter künftig in einer Sache entscheiden könne, müsse dann erst aufwändig geprüft werden, inwieweit eine oder beide Parteien Prozesskostenhilfe erhalten können. Dafür sei neues Personal nötig, da die Rechtspfleger jetzt schon überlastet seien. Das sieht im Übrigen auch das Justizministerium so: Den Ländern werde durch diese verstärkte Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien ein erhöhter Personalbedarf entstehen – so das Ministerium. Man gehe für die Länderhaushalte jedoch davon aus, dass die Einsparungen den Mehrbedarf für die Überprüfungen „um einen zweistelligen Millionenbetrag jährlich übertreffen können“.

Oder sollte man besser „könnten“ sagen?