Klausurenskandal erreicht das Gemeinsame Prüfungsamt

Der Fall um Richter Jörg L., der als Referatsleiter beim niedersächsischen Justizprüfungsamt in Celle beschäftigt war und angeklagt ist, seit mehreren Jahren Klausurlösungen für das zweite Staatsexamen an Referendare weitergegeben zu haben, dürfte nun endgültig das Gemeinsame Prüfungsamt (GPA) in Hamburg erreichen.

Preisvorstellung von 20.000 Euro

Gestern legte der Angeklagte vor der 3. Großen Strafkammer am Landgericht Lüneburg ein umfassendes Geständnis ab, über das heute die Frankfurter Allgemeine Zeitung („Ich war Richter und sie war 21“) berichtet. Darin wird über seine Beziehungen zu Referendarinnen berichtet, die er mit Klausurlösungen versorgte und darüber hinaus auch über die geschäftlichen Aktivitäten: Jörg L. sei mit einer Preisvorstellung von 20.000 Euro in die Verhandlungen für komplette Klausurlösungen gegangen, wohlwissend, dass er diese nicht erzielen werde – stattdessen habe man sich dann auf 6000 Euro für lediglich drei Klausuren geeinigt.

Dem angeklagten Richter Jörg L. sei es um „einige Referendare und Referendarinnen gegangen, die mir sehr am Herzen lagen“. Allerdings habe er das teilweise mit eigenen Vorteilen verknüpft, etwa durch Beziehungen zu „hochattraktiven“ Referendarinnen. Anfangs habe er Referendaren die Lösungen für das Zweite juristische Staatsexamen „vor allem in Form von SMS“ übermittelt, später auch vollständige Klausurlösungen.

Nachprüfungen nun auch beim Gemeinsamen Prüfungsamt in Hamburg?

Für reichlich Zündstoff dürfte die Einlassung sorgen, er habe Lösungen – unter anderem – auch an einen Repetitor in Hamburg weitergereicht. Damit dürfte nun endgültig klar sein, dass sich der „Klausurenskandal“ nicht nur auf Niedersachsen beschränkt, sondern die Lösungen auch in Hamburg die Runde machten. Da aufgrund des Ringtauschs oftmals in Niedersachsen und beim Gemeinsamen Prüfungsamt in Hamburg dieselben Klausuren geschrieben werden, müsste nun auch dort eine Nachprüfungswelle starten. Das Gemeinsame Prüfungsamt ist verantwortlich für die zweite Staatsprüfung von Referendaren in Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen.

Das Urteil für Jörg L. wird nun übrigens bereits in der kommenden Woche erwartet.

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  • Da wollen wir mal hoffen, dass sie bei ihrem Examen unbehelligt durchgerutscht sind. Oder haben Sie das zweite Examen noch vor sich?

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Mirko Laudon

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