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5 Dinge, die Dir Dein Korrektor schon immer sagen wollte

Sobald man in den Genuss kommt, Strafrechtsklausuren der Erst- bis Drittsemester korrigieren zu dürfen, lohnt sich für den Korrektor durchaus eine Zahnzusatzversicherung – zukünftig wird man öfter in die Tischplatte beißen, als einem lieb ist.

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1. Der Korrektor ist ein launisches Tier. Tue ihm also ein paar kleine Gefallen. Er wird Dich dafür sogar ein bisschen mögen – Versprochen!

  • Schreib‘ leserlich. Ganz ehrlich – Korrektoren werden zu schlecht entlohnt, als dass sie Zeit hätten, in jedem zweiten Satz „Wörterraten“ zu spielen.
  • Lerne Definitionen so sicher auswendig, dass Du in der Klausur keinen Blödsinn schreibst. („Eine bewegliche Sache, ist ein Ding, das man bewegen kann.“ lässt grüßen.)
  • Korrektoren haben eine heimliche Leidenschaft für schöne, präzise Obersätze. Am Anfang einer Klausur solltest Du unter jede deiner – bitte zahlreich vorhandenen – Überschriften einen schönen, knappen Obersatz platzieren. Und wenn Du ihm den Kopf verdrehen willst: Konjunktiv I und Konjunktiv II sind seine großen Schwächen. Da ist er entzückt und malt mit Hingabe jede Menge Häkchen in Deine Klausur.

2. Überhaupt findet Dein Korrektor den Gutachtenstil so toll, dass er Dich sofort dafür kreuzigen möchte, wenn Du wie von Sinnen wirre Sätze vor Dich hintextest. Eine Klausur ist nunmal kein Besinnungsaufsatz und den Korrektor interessiert es nicht einmal marginal, wie offensichtlich im Sachverhalt steht, „dass der T die Sache offensichtlich geklaut hat.“ – Du musst es prüfen! Deine Punkte bekommst Du nicht für ein „richtiges Ergebnis“, sondern für die Art und Weise wie Du Deine Prüfung durchführst, verliehen. Dabei wäre es besonders hilfreich, wenn der Sachverhalt auch ganz konkret unter die vorausgegangene Definition subsumiert werden würde. Je mehr Du dich in der Prüfung konkret auf den Sachverhalt beziehst, desto eher glaubt Dir dein Korrektor auch, dass du den Sachverhalt tatsächlich verstanden hast. Frag nicht, wie oft der Sachverhalt missverstanden wird und dann völliger Unsinn geprüft wird. Es ist zum Verzweifeln!

3. Drei Dinge solltest Du über Meinungsstreite wissen: Wie man ihn aufbaut. Wie man ihn entscheidet. Und was zur Hölle dort nicht reingehört.

Zunächst stellt man die Meinung abstrakt dar und subsumiert dann den konkreten Sachverhalt darunter, dies macht man mit der zweiten Meinung ebenso. Und – um Gottes willen – man muss sich dann mit Argumenten für die eine und gegen die andere Meinung entscheiden. (Albträume des Korrektors enden mit „Es wird sich für die zweite Meinung entschieden.“)

4. Ein entnervtes Stöhnen entfährt Deinem Korrektor immer dann, wenn völlig sachfremde Erwägungen vorgebracht werden. Die gerne gewählte „Wissensprostitution“ an Stellen, an denen Du einfach keine Ahnung hast, macht alles noch viel schlimmer, denn dadurch verschiebt sich die Schwerpunktsetzung Deiner Klausur und das führt dann doppelt zu Punktabzügen. Und wer will das schon? Völlige Fassungslosigkeit beim Korrektor zu wecken, gelingt dem einen oder anderen Studenten mit der Zurschaustellung von völliger Lebensfremdheit. Klar, Du kannst meist problemlos die Mindermeinung vertreten, aber nicht-gesellschaftstaugliche Stellungnahmen zum Bild der Frau („Die Frau hätte den Mann gar nicht erst heiraten sollen. Dass er ihr nun damit droht, die gemeinsame Tochter zu töten, ist ihr selbst zuzurechnen.“) und politische Meinungen sollten nicht nur vermieden werden, sondern bringen Deinen Korrektor auch an den Rand eines Nervenzusammenbruchs.

5. Und schließlich: Probleme erkennen ist toll. Jede Prüfung mit „Fraglich ist“ zu beginnen, lässt Dich jedoch aussehen wie ein wandelndes Fragezeichen. Meinungsstreite sollten mit „Fraglich ist“ eingeleitet werden. Der Rest bitte nicht. Ernsthaft, wie sieht das denn aus?

Aber bevor Du nun ängstlich zitternd das Jura-Studium schmeißen möchtest: Kein Korrektor hat Spaß daran schlechte Punktzahlen zu vergeben. Zum einen lässt sich eine Klausur ohne größere Katastrophen viel angenehmer und schneller korrigieren und zum anderen sind Korrektoren auch nur Menschen, die auch schon durch Klausurenphasen mussten. Nur Mut, das wird schon – solange Du an die 5 Dinge denkst, die Dein Korrektor Dir schon immer mal sagen wollte.

Viel Erfolg!


9 Kommentare zu “5 Dinge, die Dir Dein Korrektor schon immer sagen wollte

  1. Zu Punkt 2 stimme ich als ehemaliger Korrektor nur eingeschränkt zu.
    Teilweise muss alles geprüft werden, für eine gute Schwerpunktsetzung sollen aber offensichtliche Delikte schnell „weggeprüft“ werden und die komplexen intensiver geprüft werden. Dies wird aber wohl erst in Fortgeschrittenen- und Examensklausuren verlangt.
    „Besinnungsaufsätze“ sind im StR vielleicht nicht so verbreitet, im ÖR gerade in Verfassungsrechtsklausuren werden diese erwartet. (Natürlich immer noch sachlich, aber dennoch eine Wiedergabe von vielen (nicht-)juristischen Argumenten)

  2. Tja – bloß dass Sie NICHT verstanden haben, wie man Meinungsstreitigkeiten (Punkt 3) aufbaut. Für die Klausuren in den ersten Semestern mag das noch so angehen, wie geschildert, im Examen sollte man es aber anders machen, sonst verschenkt man unnötig Punkte. Ich meine, eigentlich sollte man es auch schon früher anders machen, auch wenn dann die nicht-professoralen Korrektoren vielleicht schlechter bewerten. Sinnvoll ist nämlich folgendes:

    (1) Problem erkennen
    (2) Darstellen, zu welchem Ergebnis die verschiedenen Auslegungsmethoden (historisch, systematisch, Wortlaut, genetisch, teleologisch …) führen
    (3) Punkt (2) so machen, dass der Leser wie von selbst zu dem gewollten Ergebnis geführt wird.

    Das Schöne daran ist, dass man sich so keine Meinungsstreitigkeiten auswendig lernen muss, sondern alle verschiedenen Meinungen letztlich auf die verschiedenen Auslegungsmethoden zurückführen kann.

    Es gibt ein paar wenige Meinungsstreitigkeiten, bei denen das nicht funktioniert – wenn ich mich nicht irre, die verschiedenen Schuldlehren. Die führen aber zu einem anderen Aufbau und die vernünftig vorzutragen, dürfte deshalb schwierig sein.

    Übrigens: Ich habe mir das nicht selbst ausgedacht, sondern genau so erklären es Larenz/Canaris im Buch über Methodenlehre und mir wurde es während meines 1. Staatsexamens (Klausuren bereits beendet, Hausarbeit war noch in der Mache) – leider nicht früher – von einem Professor so erklärt. Die Hausarbeit wurden dann übrigens 14 Punkte ….

  3. Eigentlich ein guter Ratschlag es dem Korrigierenden so einfach, wie möglich zu machen. Ich denke schon, dass man durch eine unleserliche Schrift das Wohlwollen beeinflussen kann. Ich werde mir die Tipps für meine erste Klausur im Strafrecht auf jeden Fall zu Herzen nehmen.

  4. Interessant, dass man in Klausuren kein fachfremdes Wissen mit einfließen lassen sollte. Ich denke gerade darüber nach, wie ich am Besten meine Hausarbeit im Strafrecht aufsetzen soll. Vielleicht frage ich mal meinen Onkel um Rat, denn der ist Fachanwalt für Strafrecht.

  5. Meine Freundin muss auch Strafrechtsklausuren überprüfen. Dies gehört zu ihrem Job. Diese fünf Dinge sind ihrer Meinung nach sehr wichtig. Auffällig ist, dass viele Studenten Probleme mit der Satzbauweise haben.

  6. Diese Tipps sind wirklich hilfreich. Meine Freundin ist Jura-Studentin und findet die Klausuren bisher sehr schwer. Ja, die Meinung soll abstrakt dargestellt werden und gut argumentiert werden. Sie wird besser darauf achten.

  7. Vielen Dank für den Rat, für einen Korrekturleser leserlich zu schreiben. Mein Bruder hat keine so gute Handschrift, aber er hat sich plötzlich in einem Strafverfahren wiedergefunden. Ich werde meinem Bruder raten, einen auf Strafrecht spezialisierten Anwalt zu engagieren und seine Handschrift zu üben.

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