Strafakte.de

Wiederaufnahme Mollath: Verteidiger legen Mandat nieder

Das sind erstaunliche Nachrichten heute aus Regensburg: Am 11. Verhandlungstag im Wiederaufnahmeverfahren zugunsten des Gustl Mollath haben seine beiden Strafverteidiger Gerhard Strate und Johannes Rauwald ihr Mandat niedergelegt – auf ausdrücklichen Wunsch des Verurteilten, wie Strate betonte. Er sieht das Vertrauen zu seinem Mandanten zerstört.

Hat Strate für Mollath die Notbremse gezogen?

Offenbar sei es für Gustl Mollath derzeit nicht einfach zu sehen, wer Freund und Feind sei, sagte Rechtsanwalt Strate heute nach der Mittagspause vor dem Landgericht Regensburg. Als Grund für ihren Rückzug nannten die Verteidiger eine Differenz in Verfahrensfragen: Mollath habe beabsichtigt, bis zu 30 Beweisanträge stellen zu wollen, die seine Sicht der Dinge verdeutlichen sollten. Er habe sich damit darüber beschweren wollen, dass das Gericht nur einseitig Zeugen geladen habe. Strate erklärte jedoch, er habe noch kein Gericht gesehen, das derart sorgfältig arbeite wie dieses. Ein Entsetzen zu artikulieren, sei nicht in seinem Sinne.

Dem Geschehen lag ein Streit im Gerichtssaal am Vormittag zugrunde: Es ging um die Frage, ob weitere Zeugen zu dem Prozess geladen werden sollen, wie Strate am ersten Verhandlungstag beantragt hatte. Ehemalige Kollegen von Mollaths Ex-Frau sollten zu den Schwarzgeldvorwürfen aussagen. Dem Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl ging das jedoch zu weit. Da griff plötzlich Mollath in die Diskussion ein und äußerte, er sei befremdet und entsetzt über die Auswahl der Zeugen durch Staatsanwaltschaft und Gericht: „Ich selber habe weit über 30 Zeugen benannt, wodurch sich ein ganz anderes Bild ergeben würde. Wenn man mir hier die Möglichkeit zur objektiven wahrheitsgemäßen Darstellung nimmt, spricht das für sich.“ Das war dann selbst der Vorsitzenden zu viel – sie verstehe zwar, dass Mollath „einiges auf der Seele brenne“, aber das Gericht müsse sich auf die Anklage beschränken, berichtet die Süddeutsche.

Mollath reagierte überrascht auf die Mandatsniederlegung seiner Verteidiger: Er sehe das Vertrauensverhältnis überhaupt nicht belastet. Nach alledem sieht so aus, als habe Verteidiger Strate die Notbremse gezogen, bevor das Verfahren „kippen“ könnte.

Bisherige Wahlverteidiger als Pflichtverteidiger beigeordnet

Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl argumentierte, das Wiederaufnahmeverfahren könne ohne Verteidigung nicht fortgesetzt werden. Er beantragte, Strate und Rauwald als Pflichtverteidiger für Mollath beizuordnen. Diesem Antrag kam die Vorsitzende Richterin Elke Escher nach: „Ich als Vorsitzende habe mich entschieden, beide als Pflichtverteidiger zu bestellen“.

Daraufhin erklärte Strate prinzipiell seine Bereitschaft, Mollath auch weiterhin zu vertreten: „Wir werden die Verteidigung fortsetzen, ohne Abstriche an dem, was wir für richtig halten“. Soviel ist sicher: Kein Wahlverteidiger führt ein Mandat fort, wenn der Mandant dies aus welchen Gründen auch immer nicht will. Nun will Strate aber offenbar das Verfahren doch zu Ende bringen – nach bisheriger Planung stehen nur noch vier Verhandlungstage (28.07., 12.-14.08.2014) aus.

Bisher kein glückliches Händchen mit Wiederaufnahmeverfahren

Für Strate nimmt damit das Wiederaufnahmeverfahren eine unerfreuliche Wendung. Auch seine bisherigen Wiederaufnahmen standen unter keinem guten Stern: Zwar wurde Monika Böttcher (geschiedene Weimar) in einem Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Gießen nach 55 Verhandlungstagen und einem neuen Fasergutachten am 24. April 1997 freigesprochen. Doch auf die Revision der Staatsanwaltschaft wurde sie danach erneut wegen Mordes verurteilt. Im Fall des „Mädchenmörders von Rahlstedt“ war das Wiederaufnahmeverfahren nach 16 Jahren in Haft ebenfalls erfolgreich, jedoch lockte der Freigesprochene drei Jahre nach seiner Freilassung ein Kind in sein Auto, missbrauchte es und ließ es erst frei, als er von der Polizei verfolgt wurde. Zwei sicherlich sehr tragische Begebenheiten – es bleibt zu hoffen, dass das Wiederaufnahmeverfahren Mollath ein positives Ende nimmt.


8 Kommentare zu “Wiederaufnahme Mollath: Verteidiger legen Mandat nieder

  1. Er be­an­tragte, Strate und Rau­wald als Pflicht­ver­tei­di­ger für Moll­ath bei­zu­ord­nen. Die­sem An­trag kam die Vor­sit­zende Rich­te­rin Elke Escher nach: „Ich als Vor­sit­zende habe mich ent­schie­den, beide als Pflicht­ver­tei­di­ger zu bestellen“.

    Dar­auf­hin er­klärte Strate prin­zi­pi­ell seine Be­reit­schaft, Moll­ath auch wei­ter­hin zu ver­tre­ten: „Wir wer­den die Ver­tei­di­gung fort­set­zen, ohne Ab­stri­che an dem, was wir für rich­tig hal­ten“.

    _____________

    Die Reaktion mancher Gerichte, bei Niederlegung des Wahlmandates den Verteidiger als Pflichtverteidiger einzusetzen halte ich für problematisch. Tatsächlich hat der Wahlverteidiger in den meisten Fällen einen guten Grund das Mandat niederzulegen. Dieser Grund wird durch eine Beiordnung als Pflichtverteidiger in den meisten Fällen nicht beseitigt.

  2. Naja, normal ist irgendwie anders – vor allem wenn man seine Briefe liest, die z.B. bei SpOn veröffentlicht sind. Udo Vetter hat nicht Unrecht, wenn er schreibt: Gustl Mollath schmeißt Gerhard Strate raus. Andere wären froh, wenn sie den kriegen.

    Er hat Strate wohl sehr viel zu verdanken!

  3. Strate weiß vermutlich, weshalb er die 30 Beweisanträge nicht stellt. Bislang läuft alles gut, ein Tatnachweis ist aufgrund des Zeitablaufs, der Aussageverweigerung der Exfrau und der fehlenden Sachbeweise praktisch unmöglich und eine Unterbringung wegen fortbestehender Gefährlichkeit sowieso völlig unwahrscheinlich.
    Da können Beweisanträge bzw. ihre Formulierung durch den Mandanten vielleicht eher das Bild eines ausgemachten Spinners (für den schon mal alle verdächtig/befangen sind, die ein Konto bei der Hypovereinsbank haben) statt eines durch finstere Machenschaften in die Psychiatrie verfrachteten aufrechten Whistleblowers entstehen lassen; letzteres hatte man ja unter medialem Trommelfeuer Süddeutsche Zeitung, Pelzig etc) erfolgreich zusammengepinselt.

  4. Wenn wir eine lange Zeit in der Psychatrie den Psychofuzzies ausgeliefert gewesen wären, dann hätten wir auch offensichtliche Verwirrungen,

  5. Soweit ich informiert bin hat Mollath doch ausdrücklich gesagt, dass sein Vertrauen zu Strate nicht beschädigt sei, was unter anderem auch die Begründung für die Bestellung als Pflichtverteidiger war.

    http://www.sueddeutsche.de/bayern/eklat-im-mollath-prozess-angeklagter-will-ein-anklaeger-sein-1.2060172

    Was auf SpOn über Mollath geschrieben wird, muss man dann mit Vorsicht genießen, wenn der Artikel von Frau Lakotta zu verantworten ist. Nicht dass alles was sie schreibt falsch wäre, aber die Darstellung ist oft sehr einseitig contra Mollath (auch wenn sich das in den letzten Artikeln gebessert zu haben scheint).

Keine Kommentare zugelassen