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Loveparade-Prozess – Einstellung wider Willen?

101 Tage Loveparade-Prozess, nun folgte die Teileinstellung: Am 08.12.2017 begann die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Duisburg. Aufgrund der großen Verfahrensbeteiligung findet der Prozess nicht im Gerichtsgebäude sondern in einem Kongresssaal in Düsseldorf statt. Bei der Loveparade im Juli 2010 waren bei einer Massenpanik an einem Durchgangstunnel 21 Menschen ums Leben gekommen und über 600 weitere verletzt worden. Eine Verkettung unglücklicher Umstände? Nun mussten sich vor der 6. Strafkammer des Landgericht Duisburg Mitarbeiter der Stadt Duisburg ebenso wie Mitarbeiter des privaten Veranstalters Lopavent verantworten. Zehn Angeklagte sind es in der Zahl. Kompliziert und äußerst problematisch stellt sich dabei die Frage nach der individuellen Schuld der Angeklagten. Der Vorsitzende Richter Mario Plein hat festgestellt, dass ein Versagen diverser Verantwortlicher für das Unglück ursächlich gewesen sei.

„Es gibt ganz viele Schuldige“
– Vorsitzender Richter am Landgericht Duisburg Mario Plein

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Karl Lehr Tunnel in Duisburg und Rampe am 22. August 2010 Foto: RundschauDuisburg/Flickr (CC BY-SA 2.0)

Einstellung wider Willen?

Während eines Rechtsgesprächs am 16.01.2019 wurde nun über eine Einstellung des Verfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO oder § 153a Abs. 2 StPO gesprochen. Grund hierfür ist zum einen die vom Gericht eingeschätze geringe Schuld der einzelnen Angeklagten und zum anderen die drohende Verjährung im Juli 2020. Eine umfassende Einstellung ist nun jedoch ausgeschlossen. Voraussetzung dafür ist, dass neben der Staatsanwaltschaft auch alle Angeklagten zustimmen. Drei der zehn Angeklagten haben sich jedoch gegen eine Einstellung ausgesprochen. Das obwohl auch bei einer Einstellung weiterhin die Unschuldsvermutung gilt. Erklärungen gibt es dafür verschiedene. Ein Anwalt ließ bereits im Vorfeld für seinen Mandanten verlauten, dass eine Verjährung, Verurteilung oder ein Freispruch hinzunehmen sei. Eine Einstellung komme dagegen nicht in Frage. Eine Anwältin äußerte sich dahingehend, dass ihr Mandant nicht auf die Möglichkeit und das Recht auf einen Freispruch verzichtet.

Konsequenzen für das Verfahren

Was bedeutet dies nun für das Verfahren? Eine Einstellung ohne Auflagen gemäß § 153 Abs. 2 StPO ist nur möglich, wenn das Gericht die Schuld der Angeklagten als gering beurteilt und kein öffentliches Interesse an der weiteren Strafverfolgung besteht. Eine Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten ist dabei obligatorisch. Die Möglichkeit der Einstellung gegen Auflagen gemäß § 153a Abs. 2 StPO besteht hingegen dann, wenn die Auflage dazu geeignet ist, das öffentliche Verfolgungsinteresse zu beseitigen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Schwere der Schuld der Einstellung nicht entgegensteht. Auch in diesem Fall ist die Zustimmung von Staatsanwaltschaft und die der Angeklagten notwendig. Die Staatsanwaltschaft hielt eine Einstellung gemäß § 153 Abs. 2 StPO, also eine Einstellung ohne Auflagen, zunächst für nicht sachgerecht. Nun die Wende bei sieben der zehn Angeklagten. Gegen sie wurde das Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO ohne Auflagen eingestellt.

Auch die Frage nach der Kosten der Nebenklage bleibt bei der Einstellung eines Verfahrens zu klären. § 472 Abs. 2 StPO sieht vor, dass es dann im Ermessen des Gerichtes steht, wer die Kosten zu tragen hat. Entweder die Nebenkläger selbst, was die Regel wäre, oder die Angeklagten. Bisher hat sich das Gericht dahingehend geäußert, dass eine Übernahme der Kosten durch die Angeklagten eine Strafwirkung hätte. Dies sei bei der allenfalls „mittleren“ Schuldschwere nicht angemessen.

Wie geht es nun weiter?

Wie das Verfahren weitergeht bleibt daher abzuwarten. Fest steht, dass im nächsten Jahr die Verjährung eintereten würde, wenn der Prozess bis dahin nicht abgeschlossen ist. Doch, ob ein Urteil bis Mitte 2020 zu erreichen ist bleibt fraglich. Dafür ist die Sachlage schlicht zu kompliziert. Zübeyde Sürgit berichtet dazu ausführlich in ihrem WDR Blog über die einzelnen Verfahrenstage. Für die verbliebenen drei Angeklagten geht der Prozess zunächst weiter.


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