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Staatsanwalt im Fall Peggy von Pflichten entbunden

In einer Woche (am 10. April 2014) beginnt die erneute Hauptverhandlung im Wiederaufnahmeverfahren des „Fall Peggy“ vor der 1. Großen Jugendkammer am Landgericht Bayreuth. Gestern teilte die Staatsanwaltschaft Bayreuth überraschend mit, dass der zuständige Staatsanwalt von dem Fall entbunden wurde. Zur Begründung wird angeführt, er habe in einer Vernehmung dem Wunsch eines Verdächtigen „nach Hinzuziehung eines Verteidigers in prozessual angreifbarer Weise nicht entsprochen“. Daraufhin habe er den Leitenden Oberstaatsanwalt darum gebeten, dass ein Kollege mit dem Verfahren betraut werde. Die Sitzungsvertretung werde nach einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft seine Vertreterin und ein weiterer Staatsanwalt übernehmen, um zu gewährleisten, dass das Verfahren „frei von jeglicher Belastung“ begonnen werde.

Fall Peggy frei von jeglicher Belastung?

Trotzdem ist zu erwarten, dass die Hauptverhandlung mit einem Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Michael Eckstein beginnen wird. Die Süddeutsche Zeitung berichtet von schwerwiegenden Vorwürfen gegen den Richter, welche die Journalisten und Autoren des Buches zum Fall Peggy, Christoph Lemmer und Ina Jung erheben.

Am 30. April 2004 – also ziemlich genau vor 10 Jahren – war Ulvi K. vom Landgericht Hof wegen Mordes an Peggy zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Dessen Geständnis war damals unter recht „außergewöhnlichen“ Umständen zustande gekommen, wurde allerdings vom Bundesgerichtshof gehalten. Die Mutter des Mordopfers Peggy ist als Verletzte in der erneuten Hauptverhandlung als Nebenklägerin zugelassen.

Wiederaufnahme des Strafverfahrens und erneute Hauptverhandlung

Ist die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet, so muss in der Regel eine neue Hauptverhandlung stattfinden, weil nur so vorhandene Widersprüche geklärt und das Beweismaterial umfassend gewürdigt werden kann (vgl. RiStBV Nr. 177). Nur dadurch wird gesichert, dass die Umstände, die für die frühere Verurteilung maßgebend waren, neben dem Ergebnis der neuen Beweisaufnahme gebührend berücksichtigt werden können.

Die Jugendkammer stützt sich auf zwei Gründe, die eine Wiederaufnahme notwendig machen:

So habe sich ein zwischenzeitlich verstorbener Zeuge mit seiner Aussage vor dem Landgericht Hof einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage zu Ungunsten des Angeklagten schuldig gemacht. Dieser Zeuge hat seine Falschaussage im Jahr 2010 vor dem Ermittlungsrichter eingeräumt. Es könne auch nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Aussage dieses Zeugen auf die Urteilsfindung Einfluss hatte. Die Aussage dieses Zeugen habe auch als Tatsachengrundlage für das seinerzeitige psychiatrische Sachverständigengutachten gedient.

Als weiteren Grund für die Wiederaufnahme führt die Jugendkammer das Vorliegen einer sogenannten Tathergangshypothese vom 30.04.2002 an, welche dem Gericht in Hof nicht bekannt gewesen sei. Diese Tathergangshypothese sei erheblich, weil der Sachverständige, der im Verfahren vor dem Landgericht Hof die Glaubhaftigkeit der Geständnisse des Angeklagten zu beurteilten hatte, ausgeschlossen habe, dass deren Inhalt ihm durch vernehmende Kriminalbeamte suggeriert worden sei.

Der Sachverständige begründete dies damit, dass den Vernehmungsbeamten selbst zum Zeitpunkt der Geständnisse am 02.07.2002 ein hypothetisches Tatszenario gefehlt habe, das sie dem Angeklagten hätten vorhalten können. Eine solche Tathergangshypothese hat es aber, wie sich im Wiederaufnahmeverfahren herausgestellt hat, tatsächlich gegeben.

Weiterer Prozessverlauf ungewiss

Die Jugendkammer am Landgericht Bayreuth hat für die erneute Hauptverhandlung bislang neun Verhandlungstage bis Anfang Juni geplant. Sollte allerdings die erwartete Ablehnung des Vorsitzenden Richters erfolgreich sein, ist der Verlauf des weiteren Verfahrens ungewiss.

Nachtrag (18 Uhr): Der Vorsitzende Richter widerspricht den gegen ihn erhobenen Vorwürfen, er habe versucht, den Gutachter zu beeinflussen: „Zu keinem Zeitpunkt hat der Vorsitzende dem Sachverständigen inhaltliche Vorgaben für das von ihm zu erstattende Gutachten gemacht oder gar ein Endergebnis vorgegeben“, teilte die Pressestelle des Landgerichts Bayreuth mit. Er habe dem Sachverständigen lediglich deutlich gemacht, warum sich aus Sicht des Gerichts die Tatsachengrundlage für das Gutachten geändert habe. Keineswegs habe er ihm nahegelegt, zu einem bestimmten Ergebnis zu kommen.

Der Journalist hatte dem Sachverständigen am 24. Februar eine E-Mail geschrieben und von der angeblichen telefonischen Diskussion berichtet, von der er erfahren haben will. Dieser antwortete nicht, sondern schrieb dem Vorsitzenden empört einen Brief. „Alles, was der Journalist gefragt und unterstellt hat, war falsch“, gibt der Sachverständige zu Protokoll.


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