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Strafbefreiende Selbstanzeige ein Fehler im System?

Die Selbstanzeige war in den letzten Tagen ein großes Thema; quer durch alle Medien und in der Politik war zu vernehmen, dass die strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht ein Fehler im System ist, der abgeschafft gehört – nirgendwo sonst bekäme man Straffreiheit für den Fall dass man sich selbst anzeigt.

Das allgemeine Strafrecht kennt in § 24 Abs. 1 StGB den Rücktritt vom Versuch, durch den der Versuchstäter nicht bestraft wird, wenn er freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert.

Strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerstrafrecht, § 371 Abgabenordnung AO

Durch eine Selbstanzeige im Steuerstrafrecht (§ 371 AO) wird die Vollendung der Tat zwar nicht verhindert – im Gegenteil setzt sie ja bereits Vollendung voraus. Der Täter kann jedoch die Folgen seiner Tat wiedergutmachen, indem er vollständig nacherklärt und den Schaden dadurch wiedergutmacht. Seit der letzten Gesetzesänderung1 hat der Schuldner ab einem Steuerschaden von 50.000 Euro zudem noch eine Geldauflage von 5% der hinterzogenen Steuern zugunsten der Staatskasse zu entrichten (§ 398a AO). Die Parallelen zur Einstellung des Verfahrens im Strafprozessrecht (§ 153a Abs. 1 Nr. 1 StPO) sind geradezu offensichtlich.

Zugegebenermaßen -und das ist der Haken an einer Selbstanzeige2– liegt die Hürde für eine Strafbefreiung so hoch, dass es in den meisten Fällen nahezu unmöglich sein wird, vollständig und richtig nachzuerklären und so „reinen Tisch zu machen“. Es gilt das „Alles-oder-Nichts“-Prinzip. Es muss zudem nach dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung berücksichtigt werden, dass das jeweilige, in den betreffenden Veranlagungszeiträumen geltende Steuerrecht zugrunde zu legen ist. Steuerpflichtige, die einen nicht ausreichend kompetenten Berater mandatieren, der entweder die Tücken der Selbstanzeige nicht kennt oder die steuerlich relevanten Erträge schlicht unzutreffend ermittelt, laufen Gefahr zu einer Freiheitsstrafe von über zwei Jahren verurteilt zu werden, die gem. § 56 Abs. 2 StGB  nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann.

Ob die Selbstanzeige bzw. das was einige Steuerstraftäter daraus machen, sie nämlich als eine Art Notlandung zu missbrauchen, ist selbstverständlich eine ganz andere Sache.

1 Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung
   (Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) vom 28.04.2011
2 seit der Reform in 2011, aaO


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