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Mutige Rechtsanwälte

Ein Rechtsanwalt, der helfen will, wird mit Fußtritten traktiert und schwer verletzt. Die Chancen, die Täter zu finden, sind eher gering – wahrscheinlich wird das Verfahren eingestellt.

In der Großstadt an der Tagesordnung

Der Rechtsanwalt kommt von einer Party, hat getrunken – ist aber nicht betrunken. Er sieht auf einem Platz vier bis fünf Männer, vermutlich arabischer oder nordafrikanischer Herkunft, die zwei Mädchen belästigen. Mutig geht er dazwischen, will vermitteln, fordert die jungen Männer auf, von den Mädchen abzulassen. Sofort erhält er Schläge ins Gesicht, geht zu Boden. Es folgen Tritte gegen den Körper und auch gegen den Kopf. Dann rauben sie ihr Opfer aus, finden auch schnell das Handy in seiner Innentasche. Ein Rettungssanitäter wird später sagen, so etwas sei „normal“ in der Großstadt – an der Tagesordnung.

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Keine Gnade, selbst wenn das Opfer schon am Boden liegt (Symbolfoto) // Foto: starkmacher / fotolia.com

Erst in der Notaufnahme merkt der Rechtsanwalt – so erzählt er einige Zeit später – zum ersten Mal am eigenen Körper, was es heißt, ein Opfer zu sein. Die Verletzungen sind erheblich, eine Woche lang muss er im Universitätsklinikum behandelt werden. Doch schon einen Tag nach der Entlassung aus der Klinik sitzt er wieder am Schreibtisch seiner Kanzlei.

Trotz Zivilcourage: Keine Hinweise – kein Verfahren

Von der Polizei hört er, es brauche schon Glück, die Täter zu finden. Ob die dann ins Gefängnis müssen, sei aber ungewiss – vielleicht wegen des Raubes. Wenn sich aber nicht überraschend ein Zeuge melden sollte, wird das Verfahren wohl bald eingestellt werden.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schildert den Fall und die Folgen ausführlich unter der Überschrift „Ein Opfer von vielen“ und lässt den Leser fragend und ein Stück weit fassungslos zurück. Lohnt sich Zivilcourage? Dankt es die Gesellschaft dem Mutigen, der zu helfen versucht?

Warten auf eine Opferentschädigung

In diesem Zusammenhang drängt sich die Frage auf: Wie geht der Staat mit Menschen um, die Zivilcourage gezeigt haben und dann selbst Opfer von Gewalttaten um? Eine Antwort liefert die Geschichte eines anderen Rechtsanwalts: Dr. Gerhard Schwarzer stellt sich vor fünf Jahren im Landgericht Landshut einem Mann mit Schusswaffe in den Weg, rettet dadurch wohl mehreren Menschen das Leben – wird jedoch selbst angeschossen und schwer verletzt.

Nach einiger Zeit beginnt der Rechtsanwalt immer stärker unter den Folgen der Tat zu leiden – vor allem psychisch. Er kann kaum noch arbeiten, hat Schwierigkeiten seine Rechtsanwaltskanzlei weiter zu betreiben – seine gesamte Existenz steht auf dem Spiel. Der promovierte Jurist muss auf „Hartz IV“-Niveau leben. Bis heute wartet er auf Entschädigungszahlungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG), auf eine „Opferrente“ in Höhe von monatlich 129 Euro.

 
Dabei weiß der Gesetzgeber bereits lange, dass das Opferentschädigungsgesetz in der Praxis nicht funktioniere. Schon im Jahr 2007 forderte der Bundesrat die Bundesregierung dazu auf, bis 2008 ein neues Gesetz vorzulegen, das eine zügige und unbürokratische Hilfe für die Opfer ermögliche. Zwar hat die Problematik 2013 Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden, doch der Zeitpunkt der Umsetzung ist weiterhin ungewiss.


3 Kommentare zu “Mutige Rechtsanwälte

  1. Ja, solchen Mut muss man würdigen.

    Der Sinn Ihrer Ausführungen in dem Abschnitt „Trotz Zi­vil­cou­rage: Keine Hin­weise – kein Verfahren“ erschließt sich dem Leser aber nicht. Was soll die Polizei machen, wenn keine Ermittlungsansätze ersichtlich sind (und auch das Opfer keine Hinweise geben kann)? Die üblichen Verdächtigen verhaften?

  2. Ich kann die Tonalität des Artikels nicht nachvollziehen. Zunächst einmal finde ich es bemerkenswert couragiert, dass der Anwalt sich dazwischen geworfen hat. Aber wir wissen doch nicht zuletzt seit Dominik Brunner, dass das gefährlich ist. Deshalb rät auch die Polizei, sich gerade nicht auf eine körperliche Auseinandersetzung einzulassen, insbesondere dann, wenn man selbst alleine ist und die Angreifer zu mehreren.
    Und wenn es keine Ermittlungsansätze gibt, dann ist es eben auch schwierig die Täter zu ermitteln.
    Der Rechtsanwalt hat sicher nicht damit gerechnet, aber er ist selbst schuld an dieser Situation. Die Mittel der Wahl sind mit dem Smartphone die Polizei rufen, andere Passanten ansprechen, filmen. In den meisten Fällen verhindert schon eine nicht gleichgültige Öffentlichkeit weiteren Schaden.

    Die Frage ist, ob man den Rechtsanwalt nun auch für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen sollte. Er war offensichtlich mutig und zahlt dafür einen hohen Preis.

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