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Staatsanwälte müssen sich verantworten

In der vergangenen Woche sorgten zwei Verfahren für mediale Aufmerksamkeit, die jeweils von rechtskräftig freigesprochenen Prominenten gegen die Staatsanwälte geführt werden, die einst selbst gegen sie ermittelt und dabei mutmaßlich ihre Amtspflichten verletzt haben.

Verletzten Staatsanwälte das Dienstgeheimnis?

Im Fall von Bundespräsident a.D. Christian Wulff gehen die Ermittlungen auf eine Strafanzeige des Rechts­an­walts Ger­not Fritz zurück, die nun von der Staatsanwaltschaft Göttingen gegen die beteiligten Ermittler geführt wird. Zwar will die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen keine Auskünfte über den Umfang der Ermittlungen oder den konkreten Personenkreis geben, gegen den ermittelt wird – die Nachforschungen sollen sich jedoch auch auf das niedersächsische Justizministerium selbst erstrecken. Es ist zu vermuten, dass auch einige Staatsanwälte der damals zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover eingehender überprüft werden. Es soll sich um den Vorwurf der Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b StGB) handeln.

Konkret gehe es insbesondere um zwei Vorfälle: zum einen den Antrag der Staatsanwaltschaft Hannover vom 16. Februar 2012, die Immunität des Bundespräsidenten Wulff aufzuheben. Die Unterlagen sollen bereits mehreren Medien in Kopie vorgelegen haben, bevor der eigentliche Adressat sie erhielt. Die müsste dann ein Amtsträger unbefugt weitergereicht haben.

Darüber hinaus entschied die Staatsanwaltschaft in Hannover im März 2013, Wulff nicht wegen Vorteilsannahme, sondern wegen Bestechlichkeit anklagen zu wollen. Bereits am folgenden Tag habe sich die Information als Schlagzeile wiedergefunden – die Presse sei dementsprechend geradezu systematisch informiert worden, und zwar jeweils zu Lasten des Betroffenen.

Kachelmann klagt gegen Staatsanwaltschaft Mannheim vor Verwaltungsgericht

Auch der Wettermoderator Jörg Kachelmann geht gerichtlich gegen die Staatsanwaltschaft vor, die einst so eifrig aber dennoch erfolglos gegen ihn ermittelte. Er wurde am 31. Mai 2011 vom Landgericht Mannheim von dem Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe soll der Staatsanwaltschaft die unzulässige Nachverurteilung verboten werden, die konkret bei „stern TV“ im Herbst 2012 – also über ein Jahr nach dem rechtskräftigen Freispruch – zitiert worden sei.

Es handle sich um die Äußerung, dass am Griff eines Messers, mit dem Kachelmann seine Ex-Freundin bedroht haben soll, DNA-Spuren gefunden wurden, die von einem Mann stammen und mit der DNA-Typisierung von Kachelmann übereinstimmen würden. Zwar fand sich am Messer neben weiblicher DNA auch eine minimale Spur männlicher DNA – diese sei jedoch gerade nicht Kachelmann zugeordnet worden, sondern könnte auch von jedem anderen Mann stammen. Dies habe ein im Strafverfahren eingeführtes rechtsmedizinisches Gutachten ergeben.

Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe will sich zu den Details des laufenden Verfahrens nicht äußern. Die Behörde bestätigte jedoch, dass die Staatsanwaltschaft Mannheim am 12. Oktober 2012 die umstrittene schriftliche Stellungnahme abgegeben hat.


5 Kommentare zu “Staatsanwälte müssen sich verantworten

  1. Ausgleichende Gerechtigkeit. Es kann auch echt nicht angehen, dass unbewiesene Halbwahrheiten durch die Presse gehen. Diesen BILD-Horror wünsche ich niemanden. Es ist einfach nicht fair.

  2. Von der Herabstufung der Anklage von Bestechlichkeit auf Vorteilsannahme war in der HAZ vierzehn Tage vor der offiziellen Bekanntgabe zu lesen. Das Leck muss nicht bei der Staatsanwaltschaft gewesen sein, ich tippe eher auf die Geschäftsstelle des Landgerichts.

  3. Ein ausgezeichneter Mann, ein glänzender Strafrechtler – ein echter Fachanwalt für Strafrecht eben. Schade nur, dass er nicht in Hannover residiert, einer Stadt, die dank der landgerichtlichen Versagerquote in Sexualstrafsachen traurigste Berühmtheit erlangt hat, was jeder im 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs Tätige nur zu gut bestätigen weiß.

    Ich selbst habe indirekt hervorragend durch die hoch informative Darstellung des § 163 a StPO hinsichtlich der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs profitiert, indem ich einer Staatsanwältin als juristischer Laie die Leviten las, weil diese Oberamtsanwältin R. trotz anwaltlicher Einschaltung die Wahrnehmung rechtlichen Gehörs vereitelte, missachtete, indem sie ungebremst eine Anklage einreichte. Ohne Kenntnis der außerordentlichen Kommentierung mit ausführlichen Quellenangaben wäre mir der Schriftsatz nicht möglich gewesen. Ich danke Ihnen für Ihren großen fachlichen, publizistischen Einsatz, Herr Rechtsanwalt Laudon!

    Dietmar Purschke, 30952 Ronnenberg

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