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Razzia im Bezirksamt: Bestechlichkeit im Amt?

Am Morgen des 15. November 2017 sind sowohl beim Bezirksamt Nord als auch beim Konzertveranstalter FKP Scorpio zeitgleich Razzien durchgeführt worden. Der Vorwurf: Bestechlichkeit. Für das „Rolling Stones“-Konzert im vergangenen September im Hamburger Stadtpark hatten die Mitarbeiter des Bezirksamts Nord 100 Freikarten im Wert von etwa 10.000 € bekommen. Für weitere Tickets wurde ihnen gar ein Vorkaufsrecht gewährt. Auf dem Schwarzmarkt wurden die deutschlandweit begehrten Karten für teilweise mehr als 800 € gehandelt. Das Bezirksamt hatte das Genehmigungsverfahren für das Konzert im Stadtpark durchgeführt und die Auflagen dafür erteilt. Die Staatsanwaltschaft leitete nun ein Ermittlungsverfahren ein.

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Stones-Karten sind schwierig zu bekommen – nicht als Mitarbeiter des Bezirksamts Foto: Jim Pietryga (CC BY-SA 3.0)

Dürfen Beamte Geschenke annehmen?

In den §§ 331-335 StGB sind die klassischen Bestechungstatbestände geregelt. Sie regeln neben der passiven Seite der Sonderdelikte für Amtsträger, nämlich der Bestechlichkeit (§ 332 StGB) und der Vorteilsannahme (§ 331 StGB) auch die aktive Seite, die Bestechung (§ 334 StGB) und die Vorteilsgewährung (§ 333 StGB). Zweck dieser Vorschriften ist der Schutz des Vertrauens in die Sachlichkeit und Unparteilichkeit staatlicher Entscheidungen und Verhinderung von Korruption. Amtsträgern ist es daher grundsätzlich nicht erlaubt, im Zusammenhang mit ihrer Dienstausübung Vorteile für sich oder Dritte zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen.

Bestechlichkeit und Bestechung

Als sog. Sonderdelikt kann der Straftatbestand der Bestechlichkeit nicht von jedermann erfüllt werden. § 332 StGB setzt voraus, dass der Täter Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter ist. Nimmt eine Person, die dem Täterkreis angehört eine Zuwendung dafür an, lässt sie sich versprechen oder fordert sie gar, dass er eine Diensthandlung vornimmt oder unterlässt (§ 336 StGB), wodurch er seine Dienstpflichten verletzen würde, so macht er sich strafbar. Eine Dienstpflichtverletzung ist grundsätzlich immer bereits dann gegeben, wenn die Diensthandlung, um die es geht, rechtswidrig ist: Geht es beispielsweise um die Erteilung einer Baugenehmigung, so ist ein Diensthandeln nur pflichtverletzend, wenn eine Baugenehmigung eigentlich nicht erteilt werden dürfte. Sollte die Genehmigung des Rolling Stones-Konzertes im Hamburger Stadtpark rechtswidrig gewesen sein, könnten sich die zuständigen Beamten folglich wegen Bestechlichkeit strafbar gemacht haben.

Strafbar ist nicht nur die passive Seite, auch die Bestechung ist gem. § 334 StGB strafbewehrt. Wer einem Amtsträger für eine pflichtwidrige Diensthandlung einen Vorteil verspricht, anbietet oder gewährt muss ebenfalls mit einer Freiheitsstrafe rechnen. Auch für die verantwortlichen Mitarbeiter des Konzertveranstalters kann diese Affäre gravierende Folgen haben.

Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung

Aber nicht nur dann, wenn ein Amtsträger für ein bestimmtes pflichtwidriges Handeln (oder Unterlassen) einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, macht er sich strafbar. Auch die reine Vorteilsannahme kann nach § 331 StGB strafbar sein. Zwar muss auch für die Erfüllung dieses Tatbestandes eine Verknüpfung von Zuwendung und einem dienstlichen Handeln oder Unterlassen des Amtsträgers vorliegen, im Gegensatz zur Bestechlichkeit reicht hier aber bereits jedes Diensthandeln – der Amtsträger muss hierfür keine Pflichtverletzung begehen. Am Beispiel der Baugenehmigung: Nimmt ein Beamter Geld für die zügige Bearbeitung eines Bauantrages an, so liegt kein Fall der Bestechlichkeit vor, da die zügige Bearbeitung keine Dienstpflichtverletzung darstellt. Strafbar ist dieses Verhalten dann als Vorteilsannahme nach § 331 StGB. Eine Strafbarkeit der Beamten könnte sich also auch aus dieser Norm ergeben, sollte sich die Genehmigung des Rolling-Stones-Konzertes als rechtmäßig herausstellen.

Ebenso strafbar ist – wie bei der Bestechlichkeit nach § 332 StGB – die andere Seite: Die aktive Vorteilsgewährung gem. § 333 StGB stellt auch das Anbieten, Versprechen oder Gewähren einer Zuwendung unter Strafe. Vorteilsempfänger muss ebenfalls ein Amtsträger sein, der Täterkreis allerdings ist auch hier nicht beschränkt.

Strafe für Vorteilsannahme und Bestechlichkeit

Sollte sich der Vorwurf der Bestechlichkeit nach § 332 StGB bestätigen so droht den betroffenen Beamten eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 5 Jahren, in besonders schweren Fällen sogar eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren. Für den Fall der Bestechung gem. § 334 StGB sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren vor. In besonders schweren Fällen steht für die Mitarbeiter von FKP Scorpio sogar eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren im Raum.


1 Kommentar zu “Razzia im Bezirksamt: Bestechlichkeit im Amt?

  1. Ganz herzlichen Dank für den hochinteressanten Artikel. Die Unterscheidung zwischen Bestechklichkeit und Vorteilsannahme war mir vorher nicht klar. Eine wertvolle Information, die ich mir merken werde.

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