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Vermögensbetreuungspflicht des Arztes gegenüber der Krankenkasse

Ein Arzt der Leistungen in dem Wissen verordnet, dass sie gar nicht erbracht werden, macht sich der Untreue strafbar. Den Vertragsarzt einer Krankenkasse trifft dieser gegenüber nämlich eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die ihm gebietet, Heilmittel nicht ohne medizinische Indikation in der Kenntnis zu verordnen, dass die verordneten Leistungen nicht erbracht, aber gegenüber den Krankenkassen abgerechnet werden sollen.

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Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vermögen der Krankenkasse

Den Arzt treffe eine Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vermögen der Krankenkasse, entschied der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 16.08.2016. Im konkreten Fall kooperierte der Arzt, der als Chirurg und Durchgangsarzt als sog. „Kassenarzt“ zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen war, mit drei regionalen Gesundheitszentren, die Physiotherapie und Krankengymnastik anboten. Im Zeitraum von 2005 bis 2008 verordnete der Arzt in 479 Fällen verschiedene physiktherapeutische Leistungen, insbesondere manuelle Therapien, Wärmepackungen, Unterwasserdruckstrahlmassagen und gerätegestützte Krankengymnastik für Patienten, die er gar nicht untersucht hatte. Die Gesundheitszentren rechneten die Verordnungen, ohne hierfür irgendeine Leistung zu erbringen, gegenüber den Krankenkassen ab wodurch denen ein Schaden in Höhe von ca. 50.000 Euro entstand.

Bewährungsstrafe für den Arzt für Verordnung ohne Leistung

Von den Zahlungen der Krankenkassen erhielt der Angeklagte keinen Anteil. Ihm ging es lediglich darum, die einträgliche Stellung als Kooperationsarzt der Gesundheitszentren zu erhalten. Das Landgericht Halle hatte den Angeklagten wegen Untreue in 479 Fällen in Tateinheit mit Beihilfe zum Abrechnungsbetrug in 217 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Gegen das Urteil, dem eine Verständigung (§ 257c StPO) zugrunde lag, richtet sich die Revision des Angeklagten, die nur hinsichtlich der Verurteilung wegen tateinheitlich begangener Beihilfe zum Betrug erfolgreich war. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf das Vermögen der Krankenkassen habe der Arzt gravierend verletzt und das Landgericht dies nur sehr „maßvoll“ geahndet. Demzufolge blieb es nach abschließender Würdigung durch den Bundesgerichtshof bei dem Strafmaß.

BGH, Beschl. v. 16.08.2016 – 4 StR 163/16


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