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„Ich habe das ganze Internet abgesucht …“

Leider keine Seltenheit mehr, sondern fast schon Alltagsgeschäft: Eine Achtklässlerin schickt ihrem „Schwarm“ ein Nacktfoto von sich aufs Handy. Die 14-jährige rechnet nicht damit, dass der Mitschüler das Bild an seine Freunde weiterleitet, diese es wiederum weiterverteilen und sogar garniert mit Beleidigungen bei Facebook veröffentlichen – und das Mädchen dadurch in ihrem Umfeld zweifelhafte „Berühmtheit“ erlangt. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt ermittelt nun gegen Dutzende Jugendliche wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen.

Die Wege im Internet sind kurz – und die Hemmschwelle bei Jugendlichen niedrig. In Neuburg an der Donau (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen), also inmitten der bayrischen Provinz ist das „Netz“ dieser leichtsinnigen Schülerin zur Falle geworden. Dass die „Tatwaffen“, also die Smartphones der Jugendlichen jetzt allesamt beschlagnahmt wurden, ist für sie jedoch eine der größten Strafen – vermutlich jedoch nur bis sie sich vor dem Jugendrichter wiederfinden.

Ebenfalls leider keine Ausnahme mehr ist das unkontrollierte „im Internet rumtreiben“ vieler Kinder und Jugendlicher. Diese chatten völlig unbehelligt von den Eltern mit irgendwelchen fremden Gesprächspartnern, erst im Textchat – dann auch schon mal via „Skype“. Dass beim Gegenüber gerade die Webcam kaputt ist oder er leider keine hat, macht die Mädchen nicht misstrauisch. Und schwups, ziehen sie sich vor der Webcam aus … vor jemanden, der ihnen völlig unbekannt ist! Natürlich ist das zugegebenermaßen etwas verkürzt dargestellt – leider ist es aber Alltag. Gerade gestern habe ich in einer Ermittlungsakte gelesen:

Ein 10-jähriges Mädchen hat einen eigenen Computer mit voller Internetausstattung in ihrem Zimmer. Da die Eltern beide viel arbeiten und wenig zuhause sind, benutze sie den Computer „hauptsächlich zum Chatten“. Genau eben beschriebenes Muster passierte: erst ein Textchat, dann „einseitiges“ Skype, dann ausziehen. Der Gesprächspartner sagte gleich danach, dass er das Video mitgeschnitten habe und nun veröffentlichen wird, wahrscheinlich um sie damit zu erpressen. In der Ermittlungsakte gibt das Mädchen dann zu Protokoll:

„Ich habe das ganze Internet abgesucht, aber dieses Video nicht gefunden.“

Zunächst wollte sie ihren Eltern übrigens nichts von dem Vorfall erzählen – aus Angst, dass ihr Internetzugang dann gesperrt würde. Als sie sich den Eltern irgendwann anvertraute, war das Geschrei natürlich groß. Deshalb: Liebe Eltern, klärt eure Kinder doch bitte auf! Liebe Lehrer, klären Sie ihre Schüler und deren Eltern doch bitte auf! Man darf Kinder nicht unbeaufsichtigt im Internet rumtreiben lassen …

Flyer: Sicher surfen im Netz


3 Kommentare zu “„Ich habe das ganze Internet abgesucht …“

  1. „Man darf Kinder nicht unbeaufsichtigt im Internet rumtreiben lassen…“ Schön, aber was wenn das Kind das Internet für Hausaufgaben braucht und beide Eltern arbeiten?

  2. Haben Eltern immer noch genug Möglichkeiten!
    1. Aufklärung.
    2. Jugendschutzfilter.
    3. Feste Zeiten zu denen das Kind ins Internet darf.
    4. Unregelmäßige Kontrollen des Rechners und Kontrolle der Installierten Programme.
    Und ja das ist meiner Meinung nach Eltern zuzumuten, zur Not sollte man sich einen Bekannten oder externen Experten zu Rate ziehen oder wenigstens auf einschlägigen Seiten Informieren. auch die Jugendämter sollten hier weiterhelfen können was die Informationsbeschaffung angeht.
    Ein „Ich hab keine Zeit“ gilt bei mir nicht – wer ein Kind hat hat auch Verpflichtungen sich rum zu kümmern! – Es kann trotzdem immer was passieren, keine Frage, aber man kann das Risiko minimieren.

  3. In erster Linie müssen die Kinder wirklich über die Gefahren aufgeklärt werden, dass es eben nicht nur nette Menschen gibt, die sie erpressen usw.
    Diese Aufklärung muss zwingend auch schon in der Schule erfolgen, da viele Eltern nicht technisch versiert sind und nicht bereit sind, sich ausreichend Wissen anzueignen. Lehrer müssen dies tun!
    Schließlich die Grundregeln (vgl. den verlinkten Flyer): PC regelmäßig updaten, kein Kontakt zu Personen die man nicht kennt (wie im realen Leben), Webcam mit Post-it abkleben oder zumindest gewarnt sein, wenn aus unerfindlichen Gründen die Webcam-LED leuchtet.
    Dass Grundschüler (bis min. 10 Jahre) keinen internetfähigen Computer brauchen, um „Hausaufgaben zu machen“ versteht sich glaube ich von selbst.

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