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Wie tief dürfen Ermittler graben?

Der Mordfall ist bis heute nicht gelöst: Am Morgen des 12. Mai 2010 wurde die Ehefrau des Vorstandsvorsitzenden einer Kreissparkasse (medial gern als „Bankiersgattin“ bezeichnet) aus ihrem Haus entführt worden. Noch am Vormittag meldete sich der Täter telefonisch bei dem Ehemann des Opfers und forderte insgesamt 300.000 Euro Lösegeld, welches „in einer komplizierten Stückelung“ bereitgestellt werden sollte. Nachdem die Übergabe des Geldes gescheitert war und das Auto der Frau gefunden wurde, initiierte die Polizei eine große und medienwirksame Öffentlichkeitsfahndung.

Seitdem ist der Name des Opfers Maria Bögerl allgemein bekannt. Die Suche endete, als am 3. Juni 2010 ein Spaziergänger in einem Waldstück ihre Leiche fand.

Wer ermordete Maria Bögerl? Auch nach drei Jahren ist der Fall ungeklärt // Foto: Karl-Heinz Laube / pixelio.de

Doch eigentlich begann die Suche damit erst richtig – die Suche nach dem Mörder. Nachdem sich der Ehemann immer wieder im öffentlichen oder polizeilichen Visier der „Ermittlungen“ wiederfand, sah er keinen anderen Ausweg, als etwa ein Jahr nach dem Tod der Ehefrau sein Leben selbst zu beenden. Bis heute steht die ermittelnde Polizeibehörde in der Kritik.

Die Beamten hatten die ganze Palette der Ermittlungsmethoden ausgeschöpft – in einem bis dahin nicht gekanntem Ausmaß. Dagegen wehrt sich nun der Freund der Bögerl-Tochter, der damals ebenfalls ins Visier der Ermittler geraten war, vor dem Bundesverfassungsgericht.

Der Beschwerdeführer sieht sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Er war einem stern.de-Bericht zufolge verdächtigt worden, Maria Bögerl ermordet zu haben, was eine groß angelegte Telekommunikationsüberwachung nach sich zog. Über Monate hinweg hörten die eifrigen Ermittler seine Telefone ab, demnach auch Gespräche mit seinen Rechtsanwälten. Während diese Maßnahme vom Landgericht Ellwangen inzwischen als rechtswidrig beurteilt wurde, sei die Internetüberwachung dagegen rechtlich vertretbar gewesen. Über acht Monate analysierte man insgesamt 129.000 angeklickte Webseiten und forschte Suchanfragen aus.

Was seine Anwälte Albrecht Grimm und Andreas Baier besonders entsetzt, ist das Ausmaß der Überwachung. Auch Kollegen und selbst Richter zeigten sich „überrascht“: Niemand war klar, dass es eine derartig „systematische“ Verfolgung gibt. Das Problem: Der Gesetzgeber hat die prozessualen Hürden für eine umfassende Telekommunikationsüberwachung immer weiter abgesenkt und so werde auch schon bei geringen Verdachtsfällen wie Urkundsdelikten eine Überwachung beantragt. Diese Praxis könnte ein Machtwort aus Karlsruhe beenden …