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Bezeichnung als Verurteilungsbegleiter wäre noch höflich

Das Wiederaufnahmeverfahren im „Fall Peggy“ zugunsten des Verurteilten Ulvi K. hat in dieser Woche vor dem Landgericht Bayreuth begonnen. Bisher kaum öffentlich diskutiert wurde allerdings die Rolle des damaligen Verteidigers im Verfahren 2003/2004 vor dem Landgericht Hof.

Verurteilungsbegleiter und seine Beistandspflicht

Am zweiten Verhandlungstag sagte gestern der Leitende Beamte der damals gebildeten „SoKo Peggy“ aus und hatte interessante Details zur Vernehmungsatmosphäre zu berichten: „Der Einzige, der ihn (gemeint ist Ulvi K.) bei den Verhörterminen angeschrien hat, war sein eigener Rechtsanwalt“. Wenn sich tatsächlich bewahrheiten sollte, was eine große Tageszeitung über dessen Zeugenaussage schreibt – und das sage ich deshalb mit aller gebotenen Vorsicht – wäre die Bezeichnung als Verurteilungsbegleiter noch die höflichste, die man finden könnte.

„Gehen Sie mit und machen auch alles mit“

Auch ansonsten soll der Pflichtverteidiger nach diesem Bericht häufig eher durch Abwesenheit geglänzt haben und den Polizeibeamten ausdrücklich gestattet haben, seinen Mandanten auch ohne ihn zu verhören. Seinen Mandanten instruierte er laut der Aussage des SoKo-Leiters in etwa so: „Herr K., wenn Sie geholt werden, gehen Sie mit und machen auch alles mit.“ Danach soll sich der Verteidiger in den Spanien-Urlaub verabschiedet haben, wobei die Beamten ihn fortan nur einmal telefonisch erreichen konnten – ansonsten sprachen sie nur mit der Mailbox.

Nach dem Geständnis des Angeklagten – auch hier war der Verteidiger nicht zugegen – sollte Ulvi K. die Polizeibeamten zum vermeintlichen Versteck von Peggys Leiche führen. Allerdings war sein Rechtsanwalt auch bei diesem wichtigen Termin verhindert – er hatte einen Elternsprechtag wahrzunehmen. Zuvor erhielt der intelligenzgeminderte Mandant erneut lediglich Anweisungen seines Beistandes zu hören, den Beamten alles zu sagen und zu zeigen.

Wenn sich das wirklich alles so zugetragen haben sollte: Kann man das dann eigentlich noch als Strafverteidigung bezeichnen oder ist das „nur“ ein Verurteilungsbegleiter bzw. grenzt ein derartiges Verhalten des Verteidigers nicht schon an Arbeitsverweigerung?

Nachtrag: Der Verteidiger hat sich jetzt selbst zu Wort gemeldet: Er würde zu den Vorwürfen gerne etwas sagen, aber er darf nicht, da er von seiner Schweigepflicht nicht entbunden wurde. So stünden die Behauptungen im Raum, würden im Internet verbreitet und er könne diese nicht richtig stellen. Dies empfinde er als sehr belastend. Selbst eine Fachjournalistin wie Gisela Friedrichsen hinterfrage nicht, ob sich der Angegriffene überhaupt wehren darf.

Ich halte dies für nicht tragfähig: Natürlich darf er zu den Vorwürfen, die ihn und nicht seinen Mandanten Stellung nehmen. War er zu dieser Zeit im Urlaub? War er dort auf dem Handy erreichbar? Hielt er einen Elternsprechtag für wichtiger? Diese Fragen betreffen allesamt nicht das Verhältnis zu seinem Mandanten.


6 Kommentare zu “Bezeichnung als Verurteilungsbegleiter wäre noch höflich

  1. Wann wird dieser eifrige „Ver­ur­tei­lungs­be­glei­ter“ und Elternsprechtagsbesucher, der Anwalt W. Schw., zur Rechenschaft gezogen?

  2. In der heutigen SZ , die als Quelle vielleicht etwas besser ist als die 4-Buchstaben (leider nur Printausgabe, Artikel von Hans Holzhaider) liest sich das vermeintliche Anwaltsversagen etwas moderater, ich fasse mal kurz zusammen:
    Ks Anwalt habe zuerst keine weiteren Vernehmungen genehmigt (nachdem ein Alibi Ks durch andere Zeugen wackelte). Nach einer weiteren Vernehmung (mit RA) Vernehmungsende, Anwalt und „Chefermittler“ gehen raus. Chefermittler kommt zurück, bekommt die Mitteilung, dass K doch gesteht. Anwalt wird zurückgerufen, spricht dann alleine mit K. Anschließend zeigt Anwalt den möglichen Leichenablageort auf einer Karte. Musste zu anderem Termin und ging dann mit den Worten: K soll alles zeigen und sagen.
    Übrigens soll es durchaus vorkommen, dass ein RA nicht nur einen Mandanten und deshalb auch andere Termine hat. Es ist mE etwas anmaßend, sich auf recht dürrer Faktenlage auf jemanden einzudreschen.

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