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Die Reid-Methode: unzulässig, aber effektiv

Hauptzweck der polizeilichen Vernehmungstätigkeit ist eine Gewinnung von Informationen des Beschuldigten1, um ihn der verdächtigten Straftat – mit einem Geständnis – zu überführen. Die Methodik der Vernehmung hat dabei erheblichen Einfluss darauf, ob der Wahrheitsgehalt einer Aussage beurteilt werden kann2 und ob es überhaupt gelingt, ein Geständnis zu erlangen.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die „Reid-Methode“, die etwa seit dem Jahr 2000 in Deutschland erprobt wurde. Udo Nagel hatte die Methode damals, anfangs als Kriminaldirektor in München, später als Polizeipräsident in Hamburg nach Deutschland geholt.3 Mittlerweile wurden mehrere (wenn nicht sogar alle) deutschen Strafverfolgungsbehörden in dieser Methode geschult. Dafür wurden Experten aus den USA eingeflogen4, denn die Technik ist markenrechtlich geschützt.

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Geschulte Polizeibeamte variieren von nettem Smalltalk zu knallhartem Verhör – Foto: Patricia Schenk / Photocase.de

Erfinder und Namensgeber der Reid-Methode

Entwickelt wurde die Methode bereits im Jahr 1948 von John E. Reid, einem Polizeibeamten aus Chicago. Er hatte (aus einem Bauchgefühl heraus) eine Technik entwickelt, mit der er in seinen Verhören selbst die „härtesten Hunde“ knackte. Dabei mischte er harmlose mit provozierenden Fragen – und beobachtete die körperlichen Reaktionen des Verdächtigen. Die Kollegen nannten ihn ehrfürchtig den „menschlichen Lügendetektor“. Heute gehört die Reid-Methode u.a. zu den Standard-Verhörtechniken beim FBI und anderen Regierungsorganisationen.

Die Technik, die heute in Deutschland angewendet wird, ist an die Reid-Methode angelehnt und wird harmlos als „Verhaltens-Analyse-Interview“ bezeichnet. Dieses beginnt ganz unverfänglich mit einer Art Smalltalk, der aber auf einem stets gleichen Fragekatalog mit ca. 20 Fragen basiert, der dazu dient, das gewöhnliche Sprach- sowie Verhaltensmuster des Befragten zu analysieren. Spricht dieser mehr in langen oder kurzen Sätzen? Welches Vokabular benutzt er? Dialekt oder Hochdeutsch? Leise oder laut? Die Vernehmungspersonen beobachten aufmerksam Mimik und Gestik. Wippt er mit dem Fuß? Kratzt er sich öfter am Kopf? Wohin sehen die Augen? Wie ist die Sitzhaltung? In dem 600 Seiten starken Handbuch zur Methode werden verbale wie nonverbale Hinweise aufgeführt, die auf Lügen schließen lassen – wobei Körpersprache und das konkrete Gesprächsverhalten aufgegriffen und genau analysiert werden. Sind die Polizeibeamten davon überzeugt, dass ihr Gegenüber die Unwahrheit sagt, folgen sie den bestens erprobten und im Handbuch festgeschriebenen Techniken, um ein Geständnis zu erhalten. Dazu wird folgender Einstiegssatz in den Raum gestellt: „Unsere Ermittlungen besagen klar, dass Sie es waren“. Das gibt dann auch die weitere Richtung der Befragung vor.

Erst der Smalltalk, dann der Stress

Die Vernehmungspersonen wechseln dann blitzschnell vom Banalen ins Konkrete – vom netten zum bohrenden – oft in einer good guy und bad guy-Konzeption mit verhaltensprovozierenden Fragen. Kurz: Die Vernehmungsperson erzeugt (bewusst) Stress. Dabei gibt es im Wesentlichen zwei Möglichkeiten: Entweder geben die Polizeibeamten dem (nun mittlerweile) Beschuldigten5 moralische oder psychologische Rechtfertigungen an die Hand, die es dem Befragten einfacher machen sollen, die persönliche Verantwortung zu minimieren und – für sich – zu verharmlosen. Knickt der Verdächtige dann ein und gesteht, wird der Sachverhalt wieder der rechtfertigenden Aspekte entkleidet – die Handlungen beim Namen genannt und die entsprechenden Delikte für das (schriftliche) Vernehmungsprotokoll festgehalten.

Solche Vernehmungen gehen über Stunden – oft in den Abend- bis Nachtstunden, um sich die Wirkungen des Schlafentzugs zu Nutze zu machen. Lügen ist anstrengend und erfordert hohe Konzentration. Aussagen müssen zu den bereits gegebenen Antworten passen und dürfen bei dem Gegenüber keine Zweifel wecken. Alles in einer stets aufrecht erhaltenen Stresssituation. Die Energie dafür muss an anderer Stelle abgezogen werden, jedoch fehlt diese dort dann. Die Folge sind oft eindeutige Verhaltensänderungen; der Beschuldigte verfällt plötzlich in Dialekt, ändert seine Satzstruktur oder wird zappelig. Das bietet dem Vernehmenden dann zusätzliche Angriffspunkte, um den Stressfaktor noch weiter zu erhöhen.

Teilweise wird auch eine zweite (alternative) Herangehensweise verwendet: Dem Beschuldigten wird eine erdrückende Beweislage vorgespiegelt, so dass sie davon ausgehen muss, leugnen sei geradezu aussichtslos. Dafür darf die vernehmende Person laut Reid ausdrücklich Beweislagen erfinden, die in Wahrheit gar nicht existieren, z.B. DNA-Übereinstimmung, eindeutige Tatspuren wie Blutspritzer oder andere erdrückende – aber frei erfundene – Beweise.

Sofern sich der Verdächtige gegen den Vorwurf zur Wehr setzen will, wird er damit nicht gehört. Der Vernehmungsbeamte redet einfach darüber hinweg. Die Logik dahinter: Unschuldige wären nun bereit zu kämpfen und sich heftig zu verwehren. Schuldige dagegen würden höflich um das Wort bitten. In einem weiteren Schritt hört man den Beschuldigten zwar an, nimmt jedoch seine Gegenrede regungslos hin, um sie danach sofort zu widerlegen. Es ist eine zermürbende Taktik bis es am Ende dazu kommt, dass die Beamten zwei mögliche Handlungsalternativen vorgeben, eine rechtfertigende und eine moralisch besonders verwerfliche. Die Antwortoptionen sind nun begrenzt, andere Möglichkeiten werden nicht mehr zugelassen. Derart in die Ecke gedrängt ist der Beschuldigte nun meist bereit, ein Geständnis abzulegen.

Die Reid-Methode in der Praxis

In Vernehmungsprotokollen kann man die Methode allenfalls zwischen den Zeilen herauslesen. Selten dringt davon etwas nach draußen an die Presse, so dass aktuelle Beispiele nur vermutet werden können. Beate Zschäpe soll auf diese Art von einem Ermittler des BKA auf einer langen Autofahrt von Köln nach Gera befragt worden sein.6 Auch in der Vernehmung des Ulvi K. im Fall Peggy soll die Reid-Methode angewendet worden sein.7

Berechtigte Kritik an der Reid-Methode

Kritiker meinen, die Reid-Methode führe zu einer hohen Anzahl falscher Geständnisse. Freilich existieren dazu keine Statistiken, beschäftigt man sich allerdings eingehend mit dieser Technik erscheint es nicht sehr fernliegend, dass ein Beschuldigter dem Druck nicht standhalten kann. Konfrontiert mit einer scheinbar erdrückenden Beweislage oder aber vor die Wahl gestellt, sich entweder auf die eine oder die andere Art schuldig zu bekennen, bleibt ein falsches Geständnis der einzige Ausweg – insbesondere wenn diese Vernehmung ohne einen Verteidiger stattfindet und man sich allein der vollkommen überlegenen Staatsgewalt gegenüber sieht.

Die Verwender der Methode behaupten zwar, dass diese in Deutschland lediglich abgewandelt und entsprechend der deutschen Strafprozessordnung (StPO) genutzt werde – fraglich ist, wie das funktionieren soll, wenn mit Druck, Ermüdung und falschen Beweismitteln gearbeitet wird. Der § 136a StPO verbietet als Konkretisierung der in Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Menschenwürde das bewusste Täuschen des Beschuldigten bei der Vernehmung, ebenso verbietet dieser eine Einschränkung der freien Willensentschließung und das bewusste Ausnutzen von Ermüdung oder Drohungen gegenüber dem Beschuldigten. Damit bleibt für die Reid-Methode kein Spielraum – zumindest nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes.

Auf der anderen Seite ist es meist nahezu unmöglich, die faktische Wirkung eines abgegebenen Geständnisses zu widerlegen. Denn schließlich schreiben die Beamten nicht unbedingt in deren Vernehmungsprotokoll, wie genau sie den Beschuldigten zu der Einlassung gebracht haben. In den meisten Fällen wird nur die Uhrzeit und Länge der Vernehmung auf unzulässige Techniken hinweisen. Ermüdung allein ist aber für das Gericht nicht vollständig überzeugend.8

Bereits seit dem Jahr 2003 sollen allerdings in Deutschland keine Seminare zur Reid-Methode mehr stattgefunden haben. Nicht etwa wegen der erkannten Unzulässigkeit dieser Techniken, sondern weil dem Lizenzinhaber keine deutschsprachigen Trainer zur Verfügung standen. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass es zum Lehren der extra für Deutschland angepassten Methodik noch amerikanische Dozenten braucht9: „Verhaltens-Analyse-Interview“ klingt doch auch sowieso viel netter.

 

  1. Erforschungspflicht; vgl. Meyer-Goßner, StPO § 163 Rn. 1 []
  2. Bender, Nack, Treuer: Tatsachenfeststellung vor Gericht, S. 257 []
  3. Hamburger Abendblatt vom 15.07.2002; online abrufbar []
  4. ebenfalls sehr ausführlich zur Reid-Methode: KrimLex – Kriminologie Lexikon der Ruhr-Universität Bochum []
  5. Die Belehrung über die Selbstbelastungsfreiheit des Beschuldigten und das Recht auf die Hinzuziehung eines Verteidigers erfolgt noch in der freundlichen Smalltalk-Phase mit netten Worten, wie: Sie haben doch nichts zu verbergen, dann brauchen Sie doch auch keinen Strafverteidiger, oder? []
  6. vgl. Holger Schmidt (SWR): Der “Zschäpe-Flüsterer” vom BKA und Osman Isfen: Markenrechtlich geschützte Vernehmungstechnik à la FBI und CIA, die “Reid-Methode” []
  7. Ina Jung und Christoph Lemmer: „Der Fall Peggy“, Kapitel 26 „Wie die Kripo Geständnisse produziert“ []
  8. st. Rspr. seit BGHSt 1, 376 (Urt. v. 30.10.1951 – 1 StR 393/51) []
  9. vgl. nur Fachtagung des Bundes deutscher Kriminalbeamter „Technik und Taktik der Vernehmung“ unter Beteiligung eines Fachlehrers des Fortbildungsinstituts der bayerischen Polizei, wo laut KrimLex damals die ersten Reid-Seminare angeboten wurden. []

20 Kommentare zu “Die Reid-Methode: unzulässig, aber effektiv

  1. Die Reid-Methode WIRD IN DEUTSCHLAND ANGEWANDT! Das kann ich aus mehrfachen, eigenen Erfahrungen als Beschuldigter bestätigen. KEINE Aussage, nicht mal Smalltalk ohne anwesenden Verteidiger! Selbst wenn einer dabei ist (und dieser relativ unerfahren auf dem Gebiet ist, so wie die meisten „normalen“ Rechtsanwälte), wird versucht, nach der Reid-Methode vorzugehen. Als (irrtümlich) Beschuldigter bleiben einem nur zwei Möglichkeiten, einer Verurteilung zu entkommen bzw. die Folgen so gering wie möglich zu halten:
    1) wenn man die Vorhaltungen 100%ig entkräften kann (z.B. ich war zum Tatzeitpunkt hunderte Kilometer entfernt und hab Zeugen dafür), dann darf man diese Info im Beisein und nach Rücksprache mit einem Verteidiger geben.
    2) Klappe halten, Ruhe bewahren und dann schliesslich in Zusammenarbeit mit einem GUTEN und (leider hochbezahlten) Verteidiger die Vorwürfe in der Hauptverhandlung Punkt für Punkt sauber widerlegen und den Staatsanwalt und die Polizei als Dilettanten dastehen lassen.

    Mit den Ermittlungsbehörden zusammenzuarbeiten und bereitwillig Infos zu geben schadet mehr als das es nutzt. Wenn das ermittelnde und vernehmende Gegenüber von der Schuld überzeugt ist (und das sind sie meist, sonst müssten sie sich eingestehen, selber gravierende Fehler begangen zu haben), liefert jede Information, die während den Befragungen gegeben wird, Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen und mögliche falsche, hanebüchene Beschuldigungen. Und eventuell kann man diese dann eben nicht mehr so einfach entkräften.

    Deshalb, auf gut Deutsch: schnauze halten, dem Druck nicht nachgeben, Befragungen sofort abbrechen sobald diese in die falsche Richtungen gehen (falls man diese überhaupt über sich ergehen lässt), Fragen nur nach Rücksprache mit Anwalt von diesem beantworten lassen und wenns sein muss auf die Gerichtsverhandlung hoffen.
    Das ist hart, man befindet sich in einer unangenehmen Lage und hofft durch Kooperation aus dieser schnellstmöglichst herauszukommen. Und das ist ein ganz großer Fehler.

  2. Während des Studiums wurde uns keinerlei Fachwissen über Vernehmungen angediehen, außer die rechtlichen Eckdaten (Belehrungsformeln, verbotene Vn-Methoden…). Nach abgeschlossenem Studium konnte man dann Seminare belegen, in welchen dieses Wissen vertieft wurde und in welchen man exemplarisch in Rollenspielen Vn nachgestellt hat. In einem speziellen Seminar kann man sich noch in den Besonderheiten der Kindervernehmung spezialisieren, die für mich keine Relevanz hat. In keinem der angesprochenen Ausbildungsabschnitte wurde die Reid-Methode behandelt, auch nicht indirekt. Ich kenne auch keine Kollegen, denen diese geläufig ist oder die diese anwenden. Scheinbar in Berlin ohne Bedeutung.

  3. Aus welcher Bestimmung des Markenrechts (!) ergibt sich, dass man für den Unterricht in „Original-Reid-Methode“ die Zustimmung des Lizenznehmers oder gar Experten aus den USA benötigt?

  4. Ich denke nicht, dass diese Methode sich in Deutschland umfassend durchsetzen wird. Zwischenzeitlich gibt es auch in Deutschland entsprechend strukturierte Leitfäden, welche auf die deutsche Rechtsprechung, insbesondere der StPO abgestimmt sind. Gerade im Bereich der Vernehmung hat sich in den letzten 15 Jahren in Dt. viel getan. So gibt es ebenfalls, z. B. auch im BKA, da Sie Herr Rast, es gerade ansprechen, Vernehmungstechniken zu unterschiedlichen Deliktsbereichen. Beschuldigte im Deliktsbereich Wirtschaftskriminalität reagieren in Vernehmungen anders als im Deliktsbereich „Kapitaldelikte“. Entsprechend abgestimmt sind die Methoden und ausgebildet die Vernehmungsbeamten. Letztendlich dürfte die Befragung der Beate Zschäpe durch einen BKA-Beamten während einer längeren Überführungsfahrt eher einem nachrichtendienstlichen Interview geglichen haben. Inwieweit Aussagen hierbei verwertbar sind, vermag ich nicht zu sagen. Es fehlt mir der Einblick, abgesehen davon ist dies Angelegenheit der Juristen.

    „Die Methode selbst, ist jedoch nicht auf alle Aussagepersonen anwendbar. Es wird eine schematisierte Vernehmung beschrieben, die jedoch bei der Vielfalt der unterschiedlichen menschlichen Charaktere an ihre Grenzen stößt. Gewohnheitstäter und Kriminelle, die bereits häufig mit Strafverfolgungsorganen in Kontakt gekommen sind, werden wenig bzw. nicht kooperativ sein. Bei anderen Personen ist bei Ausübung psychischen Drucks zu befürchten, dass sie die Aussage verweigern oder gar ein „falsches“ Geständnis ablegen.“ (Krimlex, Reid-Methode, http://www.krimlex.de/artikel.php?BUCHSTABE=&KL_ID=224)
    In Krimlex werden die widerstreitenden Gründe bereits genannt. Ulvi K. ist eben eine der Personen, bei welcher die Methode angeblich zur Anwendung kam und welche dem Druck offensichtlich und auch m. M. nach nicht gewachsen war. Es müssen aber nicht zwangsläufig intellektuelle Defizite sein, welche zu einem falschen Geständnis und in der Folge zu einem Fehlurteil führen. Denkbar sind auch zeitlich und örtlich zusammenhängende Umstände, welche zu einem Aussagewiderstand oder einem falschen Geständnis führen. Denkbar ist das Leugnen eines wichtigen Zeugen, an einem bestimmten Ort gewesen zu sein, da ihm dadurch selbst Nachteile entstehen (15jähriger nach 24 Uhr in der Disco als Zeuge einer Körperverletzung u. ä.). Ebenso die (vorgegaukelte, vgl. Reid-Methode) Beweislage bei einem Kapitaldelikt. Der Beschuldigte ist in aussichtsloser Lager und stimmt dem Deal zu, um die Strafe wenigstens etwas zu reduzieren. Leider habe ich das Buch von Ottmar Kroll (Wahre und falsche Geständnisse in Vernehmungen, auch für Juristen empfehlenswert!) nicht zur Hand. Jedoch berichtet er in diesem von falschen Geständnissen weit im zweistelligen Prozentbereich (die genaue Zahl kann ich bei Interesse nachliefern) in den USA. Eine Folge der Reid-Methode??

    Ich persönlich bin der Meinung, dass ein strukturierter Leitfaden unabdinglich ist. Noch wichtiger aber ist das Einfühlungsvermögen des Befragers, seine Fähigkeit einerseits unvoreingenommen zu sein (Erwartungshaltung) und andererseits sich auf die Vernehmungsperson einzustellen. Unabhängig von der Vernehmungsmethode ist es unerlässlich, ein Profil der Vernehmungsperson zu erstellen. Kenntnis über mikro-, meso- und makroebene der Vernehmungsperson können über Erfolg oder Mißerfolg einer Befragung entscheiden. Das Überschlagen der Beine wird in unseren Breitengraden häufig als Entspannung des Gegenübers interpretiert. Auf interkultureller Ebene jedoch kann das Überschlagen der Beine, ganz besonders wenn die Schuhsohle auf den Vernehmer zeigt, auch eine Beleidigung und abwertende Meinung der Vernehmungsperson darstellen. Dies führt im Ergebnis zu Fehleinschätzungen der Situation.

    Wie bereits gesagt, hat sich im Bereich Vernehmung viel getan in Deutschland. Trotzdem bleibt, auch bei den Behörden, eine ausreichende Schulung oft nur einem kleinen Kreis vorbehalten. Im privaten Bereich entsprechen die angebotenen Seminare meist nicht dem aktuellen wissenschaftlichen Stand. Sie werden oft von ehemaligen Behördenmitarbeitern durchgeführt, welche es auch nicht besser gelernt haben. Ausschlaggebend ist Lernmethode und Lerndauer. Das bloße Lesen eines Buches bzw. der Besuch eines Vortrages, auch mehrtägig ist sicher informativ, führt aber zu keinem Lernerfolg. Empfehlenswert: Nachrichtendienstpsychologie 1, konkret ab Seite 137, http://edoc.vifapol.de/opus/volltexte/2009/1241/pdf/band_21.pdf

    Viel Vergnügen
    Andreas

  5. Also wenn mich nicht alles täuscht, haben Sie da eine völlig falsche Vorstellung davon, was eine Marke ist und was markenrechtlicher Schutz bedeutet. Unterliegen Sie da möglicherweise einem Übersetzungsfehler?

    Sollte der Begriff „Reid-Methode“ in Deutschland tatsächlich markenrechtlich geschützt sein, darf insbesondere niemand unter diesem Markennamen ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen benutzen, die mit denjenigen für die sie Schutz genießt identisch sind (vgl. § 14 Abs. 2 MarkenG).

    Markenrechtlichen Schutz kann nur eine Marke genießen, nicht die Inhalte, die hinter der Markenbezeichnung stehen.

    Markenrechtliche Probleme würden also bei Schulung deutscher Beamten in Inhalten der „Reid-Methode“ nicht auftreten, solange nicht mit der Marke „Reid-Methode“ geworben wird.

    Den Schutz, den sie offenbar meinen, gewährt vielleicht das Urheberrecht, niemals aber das Markenrecht.

    • Zitat: Markenrechtliche Probleme würden also bei Schulung deutscher Beamten in Inhalten der “Reid-Methode” nicht auftreten, solange nicht mit der Marke “Reid-Methode” geworben wird.

      Nichts anderes habe ich geschrieben (siehe eingehender Kommentar 2).

      Im Übrigen will ich die Frage über das Bestehen oder die Reichweite eines markenrechtlichen Schutzes, der sicherlich über das Wettbewerbsrecht (UWG) gilt, hier nicht diskutieren. Das ist auch nicht das Thema dieses Beitrags.

  6. Ich fürchte, damit ist mein Beitrag bzgl. „Die Polizei als Verletzer von Markenschutzrechten??“ gemeint. Die Aussage würde nur insoweit zutreffen, als die Polizei die Marke „Methode nach Reid“ auch entsprechend verwerten würde. Meine Aussage ist mißverständlich und ich meinte natürlich auch die inhaltlichen Bestandteile des Lehrplans mit Blick auf das Urheberrecht. Hier kommt es sicher auch darauf an, wie weit sich diese an die Reid-Methode annähern.

    Beste Grüße
    Andreas

  7. Danke für den Beitrag. Das Wissen um diese Methode ist schon mal viel wert. Man kann nur mutmaßen, ob das BKA die „harten Hunde“ und die „großen Hunde“ mit einer solchen Methode (mit oder Trademark, Lizenz, what ever) bearbeitet. Wenn das BKA allerdings massenhaft Kennzeichen und Mobilfunkdaten auswertet und einen Trojaner entwickelt, dann entscheide ich mich persönlich daran zu glauben, dass diese Methdik angewendet wird, sofern es nötig ist.
    Viele Schulungen braucht es nicht, da man doch nur ein BKA hat und die Täter ehm Verdächtigen dort hin bringen kann oder man mal jemanden für einen Gefangenentransport „schickt“.

    Das größte Problem ist: so etwas wird nie nach ausenhin beweisbar sein!

  8. Ich bin ganz überrascht, das Deutschland diese unakzeptabel methode benutzen!
    Dann muss es auch in Deutshland, wie in der USA, zum „false confessions“, kommen.

  9. Ich hoffe wirklich, das Ich fals gelest hatte! (Oder mein deutsch so schlecht sind, das Ich der artkel nicht verstanden hat!)

  10. Was die Polizei da tut ist eindeutig das verüben von Straftaten, wie in jedem Polizeistaat. Lt. Gesetz StPO hat die Vernehmungs- und Ermittlungsbehörde die Pflicht, alle Tatsachen und Umständen zu erkunden, insbesondere auch jene die den Beschuldigten entlasten, was in der polizeilichen Praxis faktisch nie geschieht. Es ist rechtlich unbestreitbar, dass die Reid-Methode eine Straftat der verbotenen Täuschung, Vortäuschung falscher Tatsachen, sowie Einschüchterung und Nötigung ist. Leider nur ist die Justiz Komplize dabei.

  11. Schon das „Ziel ein Geständnis zu erlangen“ ist eine Straftat der versuchten Nötigung. Die Abgabe eines Geständnisses ist lt Gesetz freiwillig und es darf kein Zwang weder körperlich noch psychisch ausgeübt werden ein Geständnis egal in welcher Form zu erlangen. Selbst die verbale Aufforderung dazu es zu tun ist bereits eine Straftat. Der Beschuldigt darf höchsten danach gefragt werden ob er es tun will. Ein Verweis auf negative Konsequenzen für den Fall der Ablehnung erfüllt den Straftatbestand der Drohung.
    Sollten tatsächlich Polizeibehörden in dieser Methode geschult worden sein, so ist das auch bereits eine Straftat, Anstiftung zu einer Straftat.
    Jeder Polizeivorgesetzte der das nicht verhindert, macht sich der Straftat, des Begehens durch Unterlassung schuldig.
    Insbesondere steht der Rechtsweg auch gegen Ermittlungsrichter offen, den Tatbestand der Amtsbeugung, Verfolgung Unschuldiger, Freiheitsberaubung einzuklagen.

  12. Eine besondere Gefahr für den Befragten besteht dann wenn er als Zeuge geladen wird denn dann hat er ein Auskunftspflicht, gemäß Urteil des BGH darf allerdings die Polizei noch während der Befragung in vom Zeugen zum Beschuldigten machen durch Vorlesen des §136 StPO, ab dem Zeitpunkt zwar ein bedingtes Aussagverweigerungsrecht hat, allerdings dürfen die Aussagen die er als vernommener Zeuge gemacht trotzdem verwendet werden.
    Falls jemand diese Gefahr vermutet, sollte er selbst vor einer Zeugenvorladung einen Anwalt konsultieren.
    Das müsste mal verfassungsmäßig überprüft werden. Ich halte es für verfassungswidrig wie auch ein Verstoß gegen §136a(1) „Verbotene Vernehmungsmethoden“

  13. „Mittlerweile wurden mehrere (wenn nicht sogar alle) deutschen Strafverfolgungsbehörden in dieser Methode geschult. Dafür wurden Experten aus den USA eingeflogen4, denn die Technik ist markenrechtlich geschützt.“

    Die damals angebotenen zwei, drei Kurse waren ausnahmslos überbucht. Das wars dann aber schon. Insgesamt wurden kaum behördliche Kräfte in dieser Vernehmungsmethode geschult. Wie Sie weiter unten schon treffend bemerkten, fehlt das deutschsprachige Personal. Sollte die Methode tatsächlich an deutschen Schulen gelehrt werden, sehe ich ein markenrechtlichen Problem. Es gibt in Deutschland keinen einzigen Lizenznehmer, weder staatlich noch behördlich, der vom Reid Institute authorisiert wäre, diese Methode zu lehren. So zumindest Joseph Buckley zu mir. Die Polizei als Verletzer von Markenschutzrechten??

    Das Thema Vernehmeung / Befragung wurde in Deutschland lange Zeit sehr stiefmütterlich behandelt. Zwischenzeitlich, beginnend kurz vor der Jahrtausendwende und i. d. R aufbauend auf das kognitive Interview (kI / vkI), gibt es mehrere verschiedene Methoden der Vernehmung. Empfehlenswert und anwenderfreundlich ist dabei das „strukturierte Interview“ mit der „merkmalsorientierte Aussageanalyse“ (Hermanutz, Litzcke, Adler, Kroll), welches aktuell standardmäßig an der Hochschule für Polizei VS gelehrt wird. Ich habe mir erlaubt einen Link herauszusuchen, welcher auf ein die Methode beschreibende Präsentation verweist: http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_SIAK/kongress/Vortraege/Hermanutz_Unterscheidung_von_Wahrheit_und_Luege.pdf

    Beste Grüße
    Andreas

    • Vielen Dank für Ihren Kommentar! Ich wollte speziell im letzten Absatz zum Ausdruck bringen, dass die Polizei aus der Reid-Methode ihre „eigene“ (an Deutschland angepasste) Methode gemacht, die nun gelehrt wird. Dadurch würde man dann keine Lizenzrechte mehr verletzen. Dazu auch die Ausführungen in Fußnote 9.

      Was tatsächlich an den Polizeihochschulen gelehrt wird, kann ich aus eigenem Erleben nicht beurteilen.

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